RE: Vergütung von Linsen

#1 von alois , 24.09.2005 11:24

Hallo Leute.

Bei Leica haben wir einiges über Vergütung von Linsen gehört, aber, ich gebe es zu, verstanden habe ich wenig und genaugenommen nichts, was ich nicht schon wusste.

Wenn ich bei Google über Vergütung suche, finde ich viel über die "Vergütung von Aufsichtsräten", nichts über die von Objektiven, ausser dass sie vergütet sind.

Also meine Frage: wie funktioniert die Vergütung?

Vorweg was nicht erklärt werden muss:

- Licht besteht aus elektro-magnetischen Wellen verschiedener Wellenlängen.
- Wellen addieren sich.
- Addiert man zu einer Welle die um eine halbe Wellenlänge verschobene Welle (Phasenverschiebung), dann heben sich die Wellen auf.

Bei Leica wurde uns erklärt: betrachtet man eine Welle mit einer festen Wellenlänge und will die Spiegelung dieser Welle eliminieren, dann wird eine Vergütungsschicht mit der Dicke 1/4 Wellenlänge aufgedampft und wenn die Welle diese Schicht durchläuft erfolgt eine Phasenverschiebung, so dass sich die phasenverschobene reflektierte Welle mit der ankommenden zu Null addieren. Das stimmt zwar meines Erachtens nicht, denn nur ein Teil der Welle wird reflektiert. Aber es leuchtet ein, dass die phasenverschobene reflektierte Welle von der ankommenden "geschluckt" wird. Es gibt da noch einen interessanten Aspekt, aber der würde zu weit führen.

Nun meine Frage an die Spezialisten: (wir betrachten eine Welle fester Wellenlänge)

Wie entsteht beim Durchlaufen der Welle durch die Vergütungsschicht eine Phasenverschiebung?

Noch genauer: Beim Durchlauf der Welle von einer Vergütung der Dicke 1/4 Wellenlänge erfolgt eine Phasenverschiebung von 1/4 Wellenlänge, denn die reflektierte Welle durchläuft zweimal die Vergütung und hat dann eine Verschiebung von 1/2 Wellenlängen (nur dann wird die reflektierte Welle von der ankommenden Welle eliminiert).

Deshalb: was hat die Dicke der Vergütung mit der Phasenverschiebung zu tun?

Wir haben diese Fragen beim Mittagessen ein wenig diskutiert und sind zu dem Schluss gekommen, Spezialisten im Forum können die Frage sicher beantworten - ich sage nicht, auf wen wir geschielt haben.



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RE: Vergütung von Linsen

#2 von ingobohn , 24.09.2005 11:38

Weil mich das Thema seit gestern auch nicht mehr losgelassen hat, habe ich auch fleißig gegoogelt und diesen Link bei Zeiss gefunden.



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RE: Vergütung von Linsen

#3 von rsorgner , 24.09.2005 11:47

Zitat von ingobohn
Weil mich das Thema seit gestern auch nicht mehr losgelassen hat, habe ich auch fleißig gegoogelt und diesen Link bei Zeiss gefunden.


@Ingo

... wichtig sind Amplituden- und Phasenbedingung ... da durften wir jede Menge herumrechnen, da's bei jeder Glasmischung anders ist.

Ist aber auf der genannten Seite von Zeiss exzellent beschrieben



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RE: Vergütung von Linsen

#4 von Schmetterling im Eis , 24.09.2005 11:50

also, der Link ist zwar recht knapp.

Aber ausgehend von unseren gestrigen Betrachtungen, scheint also die Vergütungsschicht nicht die Phasenverschiebung zu bewirken, sondern vielmehr folgendes:

ZITATAmplitudenbedingung

Die Amplituden der beiden reflektierten Wellenzüge müssen gleich sein, damit eine vollständige Auslöschung für die Bezugswellenlänge erfolgen kann.

Durch entsprechende Auswahl der Brechzahlen der Entspiegelungsschichten führt Interferenz zu einer Minimierung der Restreflexe. Eine geeignete Kombination von Glas- und Entspiegelungsmaterial ist für die optimale Wirkungsweise der Entspiegelungsschicht entscheidend.[/quote]

Also entscheidend ist der Brechungsindex (anhängig von der Dicke!?) der Vergütungsschicht.


Vielleicht findet man noch detailliertere Informationen... und ich werde meinen Physiker-Freund einmal befragen.



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RE: Vergütung von Linsen

#5 von rsorgner , 24.09.2005 12:07

@Schmetterling im Eis

... die beschriebene Entwicklung und Berechnung von Entspiegelungsschichten bezieht sich zwar auf Vergütungsschichten bei Brillengläsern - trotzdem kann man sagen, daß es bei Foto-, Jagd-, etc.- und techn. Optiksystemen genauso berechnet wird



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RE: Vergütung von Linsen

#6 von alois , 24.09.2005 15:49

Zitat von rsorgner
... die beschriebene Entwicklung und Berechnung von Entspiegelungsschichten bezieht sich zwar auf Vergütungsschichten bei Brillengläsern - trotzdem kann man sagen, daß es bei Foto-, Jagd-, etc.- und techn. Optiksystemen genauso berechnet wird


Ich glaube, in dem Artikel wird genau beschrieben, was durch die Entspiegelung passiert. Auch Zeiss sagt das gleiche, wenn auch etwas knapper und deshalb überliest man es leicht.

Problem gelöst, vielen Dank.



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RE: Vergütung von Linsen

#7 von 01af , 24.09.2005 22:00

Zitat von "alois"
Aber es leuchtet ein, dass die phasenverschobene reflektierte Welle von der ankommenden "geschluckt" wird.


Schön, daß du das einleuchtend findest /wink.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="wink.gif" /> ... aber leider ist das falsch. Denn es löschen sich nicht die ankommende und die reflektierte Welle gegenseitig aus. Sondern es löschen sich die an der Außenfläche der Vergütungsschicht und die am eigentlichen Glas reflektierte Welle gegenseitig aus. Bei Mehrschichtvergütungen sieht die Sache komplizierter aus, aber das Grundprinzip bleibt dasselbe.

Die Hauptfunktion einer Vergütung aber ist nicht das Auslöschen von Reflexen, sondern erst einmal die Verhinderung derselben. Das Auslöschen der Reflexe, die doch noch entstehen, ist ein zusätzlicher Nebeneffekt. Reflexe entstehen immer dann, wenn ein Lichtstrahl von einem optischen Medium in ein anderes übertritt und die beiden Medien unterschiedliche Brechungsindizes haben. Je größer der Unterschied der Brechungsindizes, desto heftiger die Reflexionen. Eine Vergütungsschicht hat stets einen Brechungsindex, dessen Wert zwischen denen der beiden Medien (i. d. R. Luft und Glas oder Glas und Luft oder zwei verschieden dichte Glassorten) liegt und den Lichtstrahl sozusagen stufenweise übertreten läßt. So entstehen zwei kleine Übergänge (bzw. bei Mehrschichtvergütungen viele noch kleinere) statt eines großen, und das gibt mehrere geringe Reflexe statt eines starken. Und die Summe der kleinen ist geringer als der eine große Reflex wäre. Und durch den Trick mit der Phasenverschiebung durch genau bemessene Dicke der Vergütungsschicht (en) schwächen sich die kleinen Reflexe auch noch gegenseitig ab oder löschen sich im Idealfall sogar aus.

-- Olaf



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RE: Vergütung von Linsen

#8 von Tetrapak ( gelöscht ) , 25.09.2005 08:13

Sehr schön verständlich und anschaulich erklärt! Das hab sogar ich als Physikbegeisterter Neuntklässler verstanden!



Tetrapak

RE: Vergütung von Linsen

#9 von alois , 25.09.2005 14:13

Zitat von 01af

Zitat von "alois"
Aber es leuchtet ein, dass die phasenverschobene reflektierte Welle von der ankommenden "geschluckt" wird.


Schön, daß du das einleuchtend findest /wink.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="wink.gif" /> ... aber leider ist das falsch. Denn es löschen sich nicht die ankommende und die reflektierte Welle gegenseitig aus. Sondern es löschen sich die an der Außenfläche der Vergütungsschicht und die am eigentlichen Glas reflektierte Welle gegenseitig aus. Bei Mehrschichtvergütungen sieht die Sache komplizierter aus, aber das Grundprinzip bleibt dasselbe.

Die Hauptfunktion einer Vergütung aber ist nicht das Auslöschen von Reflexen, sondern erst einmal die Verhinderung derselben. Das Auslöschen der Reflexe, die doch noch entstehen, ist ein zusätzlicher Nebeneffekt. Reflexe entstehen immer dann, wenn ein Lichtstrahl von einem optischen Medium in ein anderes übertritt und die beiden Medien unterschiedliche Brechungsindizes haben. Je größer der Unterschied der Brechungsindizes, desto heftiger die Reflexionen. Eine Vergütungsschicht hat stets einen Brechungsindex, dessen Wert zwischen denen der beiden Medien (i. d. R. Luft und Glas oder Glas und Luft oder zwei verschieden dichte Glassorten) liegt und den Lichtstrahl sozusagen stufenweise übertreten läßt. So entstehen zwei kleine Übergänge (bzw. bei Mehrschichtvergütungen viele noch kleinere) statt eines großen, und das gibt mehrere geringe Reflexe statt eines starken. Und die Summe der kleinen ist geringer als der eine große Reflex wäre. Und durch den Trick mit der Phasenverschiebung durch genau bemessene Dicke der Vergütungsschicht (en) schwächen sich die kleinen Reflexe auch noch gegenseitig ab oder löschen sich im Idealfall sogar aus.

-- Olaf



Na, da hast Du doch noch angebissen. Auf Dich hatten wir beim Mittagessen geschielt.

Um Dich auch einmal zu korrigieren: das, was ich einleuchtend finde, ist zunächst richtig. Es ist eine Aussage über Wellen. Dass es nicht in den Zusammenhang Vergütung passt, ist eine andere Sache.

Ich hatte versucht zusammenzufassen, was uns als Prinzip der Vergütung bei Leica erzählt wurde (zumindest was ich davon mitbekommen habe). Und es war uns durchaus klar, dass es so nicht geht.

Genau genommen hätten wir bei längerem Nachdenken darauf kommen sollen, dass eine Reflexion an der Vergütungsoberfläche und eine an der Glasoberfläche erfolgt und dann leuchtet das Prinzip sofort ein.

Jedenfalls danke, dass Du es nochmal so ausführlich beschrieben hast.



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RE: Vergütung von Linsen

#10 von Tilo Schieck ( gelöscht ) , 10.10.2005 22:45

Nun etwas verspätet mein Beitrag dazu (es gibt doch gewisse Schwierigkeiten mit angehängten Bildern in dier Rubrik). Ich habe etwas gezögert, wo ich meinen Beitrag Entspiegelung hinposte. Durch den zweiten Thread zum Thema bin ich hier auf den Ausgangsthread gestoßen. Da hier die Grundlagen besprochen wurden, füge ich ihn hier an. Es steht ja schon viel Vernünftiges insbesondere unter den angegebenen Links, die grundsätzlich erklären, wie eine Entspiegelung funktioniert. Allerdings bin ich über Olafs Beitrag gestolpert, der dringend einer Korrektur bedarf, denn da steht ein ganze Menge Unrichtiges drin. Diese Korrektur kann aber hoffentlich zugleich Ergänzungen zum Verständnis von Entspiegelungen allgemein mit sich bringen.

Olafs Aussagen

ZITATDie Hauptfunktion einer Vergütung aber ist nicht das Auslöschen von Reflexen, sondern erst einmal die Verhinderung derselben. Das Auslöschen der Reflexe, die doch noch entstehen, ist ein zusätzlicher Nebeneffekt.[/quote]

ZITATEine Vergütungsschicht hat stets einen Brechungsindex, dessen Wert zwischen denen der beiden Medien (i. d. R. Luft und Glas oder Glas und Luft oder zwei verschieden dichte Glassorten) liegt und den Lichtstrahl sozusagen stufenweise übertreten läßt.[/quote]

stimmen so nicht.

Auch die Aussage aus dem neuen Thread

ZITATWeil die Vergütung den Eintritt des Lichtes in das Medium mit neuem Brechungsindex sanfter -- in mehreren Stufen -- gestaltet und somit Reflexe von vornherein gar nicht erst auftreten ... bzw. in geringerem Maße. Die Auslöschung der immer noch auftretenenden (geringen) Reflexe ist nur ein zusätzlicher Effekt.[/quote]

ist so falsch.

Zwar ist der Effekt bekannt, daß schon eine Einzelschicht mit einem niedrigeren Brechzahl als das beschichtete Material, die Reflexion günstiger gestaltet, (allerdings ist es noch etwas komplizierter, als es Olaf erklärt – doch dies würde zu weit führen). Dielektrische AR-Schichtsysteme (AR= antireflection), die heute verwendet werden, beruhen jedoch auf der Grundlage der Interferenz. Sie sind Kombinationen hoch- und niedrigbrechender Schichten und keine Ansammlung vieler kleiner Übergänge, wie Olaf meint.

Ich habe das Problem sicherheitshalber noch mal mit dem Physikern unserer Firma diskutiert, besonders mit einer Kollegin, die auch u.a. Entspiegelungsschichten designed (ich arbeite zufälligerweise in einer Firma, die sich auf Dünnschichtoptik spezialisiert hat - /wink.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="wink.gif" />, sorry! Allerdings bin ich selbst kein Physiker.) Sie hat uns dafür mal einige Beispiele berechnet, die ich als Diagramm unten angefügt habe (d.H.derzeit ist das Bild noch verlinkt.)

Bleiben wir erst einmal bei den Wirkungen einer niedrigbrechenden Einfachschicht. Als erstes Beispiel dient eine Magnesiumfluorid-Einzelschicht mit der niedrigen Brechzahl nL=1.39, als Lambda-Viertelschicht berechnet für eine Wellenlänge von 500 nm auf BK7 mit einer Brechzahl von n=1.52. Hier ist zum einen der "Olaf"-Effekt (so nenne ich ihn einfachhalber mal) gut sichtbar. Hinzu kommt die Interferenzwirkung durch die Phasenverschiebung, die den Scheitelpunkt der Reflexionskurve bei 500 nm Wellenlänge bewirkt - natürlich nicht eine vollständige Auslöschung, da am Übergang Magnesiumfluorid/Glas weniger reflektiert wird als am Übergang Luft/ Magnesiumfluorid. Einzelschichten kommen heute z.B. als Kratzschutzschichten zum tragen, wobei allerdings nicht Magnesiumfluorid zum Einsatz kommt, da es relativ weich ist, sondern z.B. Siliziumoxid (SiO2), das aufgedampft auch eine (wenn auch sehr viel wenig) kleinere Brechzahl als viele Glas- und Kunststoffsorten besitzt (s.u.). Vielleicht hat Olaf solche Vergütungen im Kopf, zumal manchmal Hersteller mit reflexionsmindernden Eigenschaften solcher Schichten werben, obwohl sie relativ gering sind, wie das nächste Beispiel zeigt. Extra Kratzschutzschichten sind im übrigen heute eigentlich nicht mehr notwendig, da die AR-Schichten z.B. durch ionengestützte Aufdampfverfahren die gewünschten mechanischen Eigenschaften erhalten können (was, wie an anderer Stelle zu lesen war, scheinbar auch Leica macht, Stichwort Radiergummitest)

Bei AR-Schichten werden wie gesagt niedrig- und hochbrechende Schichten mit einander kombiniert. Als härteres niedrigbrechendes Material kommt in unseren Beispiel SiO2 zum Einsatz. Betrachten wir zunächst eine SiO2-Einzelschicht auf BK7. SiO2 besitzt in unserem Beispiel eine Brechzahl von nL=1.47, also nur etwas geringer als das Glas. (Achtung: In kristalliner Form/Quarz hat SiO2 eine Brechzahl von 1.52-1.53. Der Unterschied erklärt sich mit der anderen Atomlage nach den Aufdampfprozeß und damit einer anderen optischen Dichte). Somit sind auch die Effekte sowohl in Olafschen Sinne wie auch hinsichtlich der Interferenz (da ja auch weniger am Übergang SiO2/Glas reflektiert wird) deutlich geringer als bei dem Magnesiumfluorid.

Als hochbrechendes Material kommt bei AR-Schichten meist Tantaloxid (Ta2O5) oder wie in unserem Beispiel Titanoxid (TiO2) mit einer Brechzahl von nT=2.3 zum Einsatz. Eine Einzelschicht auf Glas wie BK7 würde aufgrund der höheren Brechzahl nun sogar die Reflexion erhöhen (TiO2/Luft im Vergleich Glas/Luft) und zugleich eine deutlichere Interferenzerscheinung zeigen, da aufgrund des Brechzahlunterschiedes bei TiO2/Glas auch mehr reflektiert wird als bei SiO2/Glas. Die eingezeichnete Kurve soll das verdeutlichen (sie ist in diesem Fall nicht berechnet, sondern entsprechend der genannten Fakten als Prinzipkurve eingezeichnet, kann also real in Lage und Aussehen leicht abweichen – irdgendwann mußte die Kollegin aber auch arbeiten /wink.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="wink.gif" /> ).
Es ist wohl nachvollziehbar, daß die Reflexion noch deutlicher aufgrund des noch etwas größeren Brechzahlunterschiedes dann bei der Grenze TiO2/SiO2 ausfällt und damit sich auch die Möglichkeit, in einem Schichtsystem bei entsprechenden Schichtdicken Interferenzen zu erzeugen, weiter verbessert.

Bei einem Mehrschichtsystem wechseln sich nun (fast) immer eine niedrigbrechende mit einer hochbrechenden Schicht ab, hier also Siliziumoxid und Titanoxid. Es ist nun deutlich, daß dies nicht mit "vielen noch kleineren Übergängen bei einer Mehrschichtvergütung" beschrieben werden kann (sondern die Summe der Reflexion in Olafscher Rechnung würde ja zumindest theoretisch sogar erst einmal steigen). Durch eine geschickte Kombination verschiedener Schichtdicken erreicht man jedoch eine solche Auslöschung über Interferenz, daß sich sowohl die Entspiegelungswirkung verstärkt, wie auch eine weitgehende Entspiegelung über einer größeren Wellenbereich erreicht wird. Es wird nicht Reflexion vermieden, sondern für Interferenzeffekte ausgenutzt und dadurch in der Gesamtheit eine Entspiegelungswirkung erreicht.
Das dargestellte Beispiel ist ein Zwölf-Schicht-System für eine Breitbandanwendung im sichtbaren Bereich. Es existiert im übrigen tatsächlich und ist schon unzählige Male produziert worden.

Durch Setzen weiterer Parameter im Beschichtungsprozess kann man die optischen Eigenschaften eine Schichtsystems weiter verändern z.B. auch in einer Beeinflussung der Dichte des jeweiligen Materialschicht (wie dies heute in modernen plasmagestützten Bedanpfungsanlagen ohne Schwierigkeiten zu bewerkstelligen ist), da sich hierbei z.B. die Brechzahlen wiederum ändern.

Man kann alles so weit treiben, daß man die Restreflexion für definierte Wellenbereiche unter die derzeit meßtechnisch mögliche Nachweisgrenze drücken kann. Dann spricht man auch von ZR-Schichten (=Zero-Reflection), die jedoch nur in Spezialoptiken wie in der Laseroptik oder bei Glasfaserschnittstellen ihren Platz haben.

Insgesamt steht dahinter eine aufwendige, komplizierte Rechenarbeit, die noch viel mehr Erscheinungen wie z.B. die Rückspiegelung im System selbst berücksichtigen muß, aber mittlerweile softwaregestützt abläuft. Richtige Interferenzfilter mit speziellen optischen Eigenschaften können leicht 100 und mehr Schichten umfassen. Was solche optischen Schichtsysteme u.a. leisten können, kann man sich hier einmal ansehen: Link.

BK 7 ist im übrigen ein optisches Standard-Glas.

Ich hoffe zum weiteren Verständnis beigetragen zu haben. Wer sich etwas weiter verwirren lassen möchte, kann sich mit folgenden Problemen beschäftigen:

- Wie Ihr der Reflexionskurve des Entspiegelungssystems entnehmen könnt, kann eine Entspiegelung immer nur über einen bestimmten Wellenbereich erreicht werden. Vor und nach diesem (festlegbaren) Bereich wird die Reflexion sogar erhöht.

- Die dargestellten Einzelschichten und Schichtsysteme sind für einen senkrechten Einfallswinkel (0° berechnet. Dies ist z.B. bei Linsen ja nicht immer der Fall. Die spektrale Lage eines Schichtsystems verschiebt sich aber unter verschiedenen Lichteinfallswinkeln. Somit muß bei der Berechnung von AR-Schichten auch der zu erwartende Einfallswinkel berücksichtigt werden bzw. die Entspiegelung für einen breiteren Wellenbereich ausgelegt werden. Nachvollziehbar ist dies, wenn Ihr eine Entspieglung unter einem sich ändernden flachen Winkel zu einer Lichtquelle hin anschaut und eine rötliche oder bläuliche Farbe sichtbar wird bzw. sich verstärkt und abschwächt. Dies sind reflektierte Lichtanteile, die je nach Lichteinfallswinkel größer oder kleiner werden.

- Für eine Abschwächung der Reflexion müssen nicht immer nur die Idealfälle herangezogen werden, in denen sich die entgegengesetzten Amplituden überlagern, auch wenn es sich hier am besten erklären läßt.

- Der Entspiegelungseffekt läßt sich bei anders gestalteten Schichtsystemen auch umdrehen und es lassen sich auf diesem Weg auch hochreflektierende dielektrische Spiegel erzeugen.



Gruß

Tilo

Hier der Link zum Diagrammbild: Diagramm Entspiegelung

Ich sehe gerade in der Vorschau, ich werde das Bild irgendwann noch einmal besser einscannen müssen. Aber das wesentliche ist erkennbar.



Tilo Schieck

RE: Vergütung von Linsen

#11 von MikeB ( gelöscht ) , 10.10.2005 23:05

So ganz stimmt das auch nicht;
Kristallines Quarz (auch Kieselsäure) SiO² ist undurchsichtig, lach, einzelne Quarzkristalle (kristallisierter Quarz! können (müssen nicht! durchsichtig sein, und wenn sie klar sind nennt man das ganze Bergkristall, wenn sie lila sind Amethyst, Rauchfarben Rauchquarz, gelb Citrin.
Und wenn das ganze eine microkristallienen Aufbau hat nennt man es Chalcedon, Jaspis, Chrysopras, Achat, Opal usw, je nach Varietät. Und es ist höchstens durchscheinend aber nie durchsichtig. Auch Sand ist Kieselsäure.
Richtig ist dass zur Glasherstellung SiO² verwendet wird.


Das oben genannte hat zufälliger Weise etwas mit meiner Arbeit zu tun, und wenn mich nichts auf der Welt interessiert, dass hat mich immer fasziniert.



MikeB

RE: Vergütung von Linsen

#12 von Tilo Schieck ( gelöscht ) , 10.10.2005 23:30

Sorry, wir reden hier nicht vom natürlichen Material, sondern vom hochreinen optischen, kristallinen Quarz, der künstlich erzeugt ("gezüchtet" wird. Und der hat eine ganz normale Transmission vergleichbar mit "normalen" Glas. Ich habe hier gerade ein solches Stück vor mir auf dem Schreibtisch liegen. Siehe auch die Transmissionskurve: Tranmissionsspektren u.a. von Quarz

Quarz ist ein hervorragender optischer, allerdings nicht leicht herzustellender und schwerer zu bearbeitender und deswegen teuerer Werkstoff. Er wird insbesondere für UV-Anwendungen angewendet bzw. für Anwendungen, die sowohl im UV- wie sichtbaren Bereich angelegt sind.

Hersteller in Deutschland sind u.a. Schott und Heraeus. Von unserer Firma wird es häufig als Substrat verwandt

Das im Glas auch SiO2 steckt ist wohl bekannt, aber hier ist es kein Kristall, sondern eine Schmelze.

Komplizierter ist die Situation wiederum beim Quarzglas, das zwar die optischen Eigenschaften des obigen Quarzes besitzt, aber eigentlich auch eine Schmelze darstellt.


/wink.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="wink.gif" /> Tilo

PS: Um Dich zu weiter zu verunsichern, es gibt auch andere Kristalle, die speziell für die Optik rein gezüchtet werden z.B. Saphire.



Tilo Schieck

RE: Vergütung von Linsen

#13 von Dennis , 11.10.2005 02:46

Tilo,

vielen Dank für diesen super Beitrag und die mühevolle Recherche. Die Kurven sind sehr aussagekräftig, insbesondere das Reflexionsverhalten am Rand. Ich denke, damit bin ich meinem Erklärungsansatz für das Purple Fringing bei Digi's ein wenig näher gekommen. Ich hatte schon vermutet, daß die AR-Beschichtungen im Blau/UV-Bereich nicht so wirksam sind, aber daß sie sogar Reflexionen verstärken können...



Dennis  
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RE: Vergütung von Linsen

#14 von MikeB ( gelöscht ) , 11.10.2005 08:21

Meinst du ich wüsste nicht das es künstlich hergestellten Quarz gibt? synth. Quarz gibt es schon etwas 35 Jahre. Die ersten kamen aus der UdSSR. in der Mitte der 70 er Jahren ist es ihnen auch gelungen die lila Quarz zu züchten.
Wie dieser Züchtvorgang in der Praxis ausgeführt wird ist mir bekannt.

Saphir, das ist doch alles ein ganz alter Hut, gibt es noch schon viel länger.

Was meinst du was ich hier mache, Däumchen drehen oder was?
Ich störe mich an deinem Wort "kristallin".
Das bezeichnet einen Microkristallinen Aufbau, ein Macrokristall ist was anderes.
Es gibt auch Diamant mit kristallinem Aufbau, das nennt sich dann Carbonato und wird bevorzugt eingesetzt wo es richtig ab geht (Industrie).

Aber hier geht es nicht um Quarze sondern um Vergütungen.

Ich habe dir schon gesagt, mein Beruf sind Steine, und auch auf die Gefahr hin dass Eigenlob stinkt, ich bin gut! Und ich weiß von was ich rede.



MikeB

RE: Vergütung von Linsen

#15 von Tilo Schieck ( gelöscht ) , 11.10.2005 10:00

Hallo Mike,

Warum streiten wir dann? Wenn Du selbst schreibst, daß es künstlich hergestelltes Quarz gibt und ich mich auf dieses, in der optischen Industrie verwendetes beziehe, dann gibts es doch keinen Dissenz.
Dann gibt es auch klare Substrate entsprechender Transmission (s.o. den Diagrammhinweis) aus diesem Material. Und in meinem ersten Beitrag habe ich doch nur nebenbei auf den vorhandenen, wenn auch geringen Brechzahlunterschied zwischen diesem künstlichen Quarz (nur damit gehen wir hier um und rechnen damit) und dem als Vergütungsschicht aufgedampften SiO2 hingewiesen.

Wenn Du dann bei Quarzen noch zwischen microkristallinen Aufbau und Makrokristallen unterscheidest - o.K. dann bist Du der Fachmann für die genaue Begriffsbestimmung und dann muß das Wort "kristallin" für die Bezeichnung von Quarz-Substraten anders oder vorsichtiger verwendet werden, als ich es tat.

Dies ändert nichts an den beschriebenen optischen Eigenschaften des aufgedampften SiO2 als Vergütungsschicht - und darum geht es in erster Linie in diesem Thread. Und das hat wiederum mit meinem Beruf zu tun und hier ist zumindest die Firma, in der ich arbeite, und meine Kollegen echt gut.

Tilo



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