RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#16 von matthiaspaul , 29.12.2010 22:04

ZITAT(u. kulick @ 2010-12-29, 18:10) Hier die (angeblich) längsten fotografischen Belichtungszeiten der Geschichte![/quote]
Danke für den Link, Uwe.

Ich glaube zwar nicht, daß dies die längsten fotografischen Belichtungszeiten der Geschichte sind, aber die Aufnahmen von Michael Wesely, auf die weiter oben in diesem Thread ja auch schon mal hingewiesen wurde, haben einen ganz besonderen Charme, verbinden sie doch das Thema Solargraphie mit dafür erstaunlich hoher Bildqualität, vor allem aber zeugt die Bildästethik von sorgfältiger Vorausplanung und trotz allen Zufalls, der bei mehrjährigen Belichtungszeiten zwangsläufig Einzug hält, sowas wie einer dedizierten "Vision" davon, was die Aufnahme nachher zeigen soll. Ein großes Experiment und ein wirklich tolles Projekt, das auch verdeutlicht, wie beschränkt unsere menschliche Zeitwahrnehmung doch eigentlich ist.

Lesenswert finde ich insbesondere den Nachtrag, in dem einige fast philosophische Gedanken zur Sprache kommen:
ZITATMichael Wesely: "the lines in the sky put our existence, us, our planet into context with the Dance of the Universe, which coexists on an entirely different time scale [from us]."[/quote]
ZITATHis goal was to capture information that told about our daily lives: the forgetting, remembering, regenerating and the transitions - a general focus point of Michael's works.
[...]
I really loved what Michael pointed out about the creation of the images. During the long exposure times the pictures constantly destroyed themselves, by putting layers and layers of new details on top each other.

Just when one detail had burned into the negative it was erased or overshadowed by another detail. In his eyes this constant change and destruction is something that really stands for the state of our society. "The moment is fading, all that remaines is the permanent overlapping of movements of all kinds, political or personal. The technologies of our times fuel this fire of restless 'Online-Existence'. One day computers won't have an on- or off-button anymore. We will always be online."

I agree with Michael. We live in a world of constant transition - where even buildings are not constructed to last forever but to be easily destructable when not needed anymore. Or where consumer products are desgined to destroy themselves after 2 years so you have to buy a new one. I have even seen a whole country - the country I was born in - East Germany (German Democratic Republic) - vanish in a blink of an eye. All it stood for, all that a whole generation loved or hated was gone within one year.

It shows that the only thing constant in our times seems to be: Change.[/quote]

Viele Grüße,

Matthias


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--Bertrand Russell

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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#17 von FanaticSurfer , 04.03.2011 18:51

Hallo,
also als relativer Anfänger/Laie vorallem was Labor und Entwicklungstehnik angeht stellt sich mir jetz doch ne wahrscheinlich Relativ blöde Frage:

Wie kann das Papier so "Langsam" sein, das solche Extremen Belichtungszeiten funktionieren. Müsste durch den extrem Langen Lichteinfall nicht ein Völlig überbelichtetes Sprich weißes Bild Entstehen?


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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#18 von stevemark , 04.03.2011 19:24

ZITAT(FanticSurfer @ 2011-03-04, 18:51) Hallo,
also als relativer Anfänger/Laie vorallem was Labor und Entwicklungstehnik angeht stellt sich mir jetz doch ne wahrscheinlich Relativ blöde Frage:

Wie kann das Papier so "Langsam" sein, das solche Extremen Belichtungszeiten funktionieren. Müsste durch den extrem Langen Lichteinfall nicht ein Völlig überbelichtetes Sprich weißes Bild Entstehen?[/quote]

Ohne dass ich die Details genau kenne - ja, es entsteht ein völlig überbelichtetes Bild (zumindest aus traditioneller Fotografensicht).

Beim normalen Fotografieren werden pro Silberkristall nur einige wenige Photonen (Lichtquanten) eingefangen, die zur Reduktion entsprechend weniger Silber-Ionen führen ("latentes Bild". Durch die Entwicklung werden kaskadenartig alle Silber-Ionen im betroffenen (d. h. belichteten) Kristall zu schwarzem Silber reduziert.

Bei der Solarisation wird so stark belichtet, dass das Bild bzw. die Schwärzung durch die Belichtung alleine (also ohne Entwicklung) entsteht. Es braucht also tatsächlich eine um viele Grössenordnungen stärkere Belichtung.

Gr Steve


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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#19 von Schwupp , 05.03.2011 04:32

Aktuelles von meiner Seite zu diesem Thema:

Ich hatte mich nach dem Bericht von Matthias im Dezember hin gesetzt und habe mehrere Lochkameras aus Fotodosen
sowie aus einem Schuhkarton gebaut. Diese wurden zwischen Weihnachten und Neujahr "ausgelegt" und belichten schon fleißig.

Die Auswahl an Aufnahmeorten ist wirklich spannend. Besonders, wenn man so wie ich nachts zu einem Straßenschild schleicht und oben auf die Stange eine Fotodose mit doppelseitigen Klebeband pappt. Ich freue mich zur Zeit jeden Tag, wenn ich sie beim vorbeifahren aus dem Auto sehe.

Da ich solche Fotografien noch nie gemacht habe, bin ich sehr gespannt. Besonders wenn ich die Negative dann auf den
Scanner lege und "zerstöre". Ich werde das Papier danach aber trotzdem noch in den Fixierer werfen. Quasi als Erinnerung.

Mit der Lochblende habe ich mir einige Mühe gemacht. Sie bestehen aus 0,025 mm dünnem Messingblech. Eigentlich ist es Folie.

Die Löcher habe ich mit 0,4 mm Durchmesser gebohrt. Die Bohrer sind ja unverschämt dünn und es war zuerst nicht ganz so einfach. Inzwischen habe ich aber den Bogen beim nahezu gratfreien Bohren raus und das kommt mir auch für "normale"
Lochkamera Anwendungen zugute. Zur Kontrolle kann ich wärmestens die 30fach Juwelier Lupe aus der Bucht mit der Artikelnummer 270685104894 für 2,19 Euro vom Chinesen um die Ecke empfehlen.

Als Fotopapier habe ich 20 Jahre altes DDR Papier genommen. Die tun es immer noch sehr gut.

Falls jemand Papier, Messingfolie oder ein gebohrtes Loch benötigt, dem kann ich gerne etwas gegen Portoerstattung zuschicken.

Grüße,
Oliver


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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#20 von Professore , 05.03.2011 22:56

Nachdem ich beruflich Zugang zu Lasern habe, könnte ich mir vorstellen, dass man damit auch präzise Löcher hin bekommt.
Wie muss ich mir denn so eine Lochkamera vorstellen? Kommt das Loch in den Deckel oder die Dose?
Und wird das Papier in der Dose platziert?

Gruß

Jochen


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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#21 von fori ( gelöscht ) , 11.04.2011 21:57

Das ist wirklich sehr spannend. Das würde ich gerne einmal ausprobieren.

@oliver: Kannst du mir so ein gebohrtes Loch und etwas Papier schicken? Ich denke, ich werde eine Dose verwenden.

Ausserdem bin ich auf eure Ergebnisse hier gespannt.


fori


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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#22 von Schwupp , 12.04.2011 15:52

ZITAT(fori @ 2011-04-11, 21:57) @oliver: Kannst du mir so ein gebohrtes Loch und etwas Papier schicken? Ich denke, ich werde eine Dose verwenden.[/quote]

Hallo Fori.

Das mache ich gerne. Bitte schicke mir Deine Postadresse per "Forum-Interner" Mail. Dazu bitte auf meinen Foren Namen "Schwupp" und dann auf "Nachricht senden" klicken. Gebohrte Löcher in 0,4mm und Fotopapier als PE oder Baryt sind in der Größe von 10,5 x7,4cm ausreichend für vorerst 10 Teilnehmer vorhanden. Das biete ich kostenlos an. Der Versand kostet Euch nur das Porto zu 55 Cent.

Ich war in den letzten Tagen schon öfters in Versuchung, eine Lochkamera wieder mit nach Hause zu nehmen und das darin befindliche Fotopapier zu scannen. Aber aufgrund der zur Zeit vielen sonnenreichen Tage habe ich mir gesagt, das ich das noch nicht mache. Die Sonne soll noch ein paar Wochen auf dem Fotopapier schöne Spuren hinterlassen.

Grüße,
Oliver


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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#23 von Schwupp , 24.04.2011 23:30

Aktueller Stand: Die Briefe an die Interessente sind am Mittwoch rausgegangen und dürften bald ankommen. Das Fotopapier ist von ORWO in PE Auführung.

Eine meiner Filmdosenkamera hat einen Vogelschaden erlitten. Das 0,4mm Loch in einer Messingfolie wurde aufgepickt. Und das, obwohl ich den sichtbaren Teil der Folie mit schwarzen Edding schwarz/blau angemalt habe. Weiterhin ist eine Dose auf den ersten Blick auf einem Straßenschild verschwunden. Ich fand die Dose im Straßengraben. Zuhause habe ich dann das Fotopapier entnommen und sah, das sich das Fotopapier entgegen meiner Annahme ein bischen eingerollt hat. Es lag nicht mehr bündig in der Dose an der Innenwand an. Das Fotopapier war von Tetenal. Ich denke das die Temperaturen in der Dose durch Sonneneinstrahlung nicht zu unterschätzen sind und sich dadurch das Fotopapier ein bischen aufgerollt hat. Überlegung: Ein zweites Stück Fotopapier "falsch" herum auf die Rückseite des zu belichtenden Papier kleben. Könnte klappen...

Ich werde in Zukunft dazu übergehen, die Lochkameras in Streichholzschachtel oder ähnlich einzubauen. In dem Einschieber aus Pappe werde ich das Fotopapier mittels doppelseitigen Klebeband (Teppichklebeband) einkleben.

Grüße,
Oliver


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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#24 von Schwupp , 25.04.2011 01:12

ZITAT(Professore @ 2011-03-05, 23:56) Nachdem ich beruflich Zugang zu Lasern habe, könnte ich mir vorstellen, dass man damit auch präzise Löcher hin bekommt.
Wie muss ich mir denn so eine Lochkamera vorstellen? Kommt das Loch in den Deckel oder die Dose?
Und wird das Papier in der Dose platziert?

Gruß

Jochen[/quote]

Hallo.

'tschuldige die verspätete Antwort.

Das Papier wird in die Dose plaziert. Mittig an der Seite ein 8mm Loch und darauf die Messing oder Alluminium Folie mit dem "Objektiv"-Loch. Anschließend habe ich die Folie mit schwarzem Isolierband befestigt und mit Edding schwarz/blau angemalt.

[attachment=9496osenkamera.jpg]

Mit einem Laser dürfte ein perfektes Loch für eine Lochkamera zu machen sein. Hast Du da Erfahrung? Ist etwas in der Richtung machbar? Wichtig ist, daß das Loch möglichst in eine dünne Folie plaziert wird. Je dünner desto weitwinklinger. Probleme entsehen meist mit dem Bohrgrat. Bei einem Laser dürfte es nahezu perfekt werden. Es gibt in anderen Foren auch die Anleitung, wo mit einer Nadel eine "Beule" in das Metall einer Teelichthülse gedrückt wurde. Diese Beule wurde wurde dann mit einer Feile zu einem Löchslein geöffnet...


Grüße, Oliver


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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#25 von Schwupp , 20.06.2011 06:04

Hallo.

Morgen am 21. Juni haben wir den höchsten Stand der Sonne. Ich habe daher schon eine Lochkamera abgenommen und das Fotopapier auf meinen Scanner gelegt und gescannt.

Die großflächige grünliche Belichtung in der Mitte des Bildes kann ich noch nicht zuordnen. Ich tendiere aber dazu, das es durch diffuse Streustrahlung innerhalb der Fotodose herrührt.

Ich habe nach dem Scannen das Fotopapier noch schnell für ein paar Minuten in einen Fixierer gelegt. Es scheint sich zu bestätigen was allgemein auch beschrieben wird. Das Bild wird durch das Scannen nahezu zerstört. Viel ist jetzt auf dem Negativ nicht mehr zu erkennen. Daher muß der erste Scan funktionieren. Auf keinen Fall darf man also mit einer "Scan-Vorschau" scannen.

Das Bild zeigt die Sonnenlaufbahn von Ende Dezember 2010 bis zum 19. Juni 2011.

[attachment=9767:solargrafie_mifo1.jpg]


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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#26 von matthiaspaul , 20.06.2011 22:02

ZITAt (Schwupp @ 2011-06-20, 6:04) Morgen am 21. Juni haben wir den höchsten Stand der Sonne.[/quote]
Danke für die Erinnerung an die Sommersonnenwende! Ein sehr guter Zeitpunkt zum (Wieder-)Einsteigen in das Projekt. ;-)
ZITATDas Bild zeigt die Sonnenlaufbahn von Ende Dezember 2010 bis zum 19. Juni 2011.[/quote]


Viele Grüße,

Matthias


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RE: Solargraphien - Langzeitbelichtungen der Sonne

#27 von matthiaspaul , 22.12.2013 00:41

Im Moment wäre mal wieder ein guter Zeitpunkt zum Einsteig in das Thema Solargraphie:

Wintersonnenwende: 2013-12-21
Sommersonnenwende: 2014-06-22

Viele Grüße,

Matthias


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