RE: Nah dran...

#1 von opelgt , 11.01.2009 00:11

Ich mag Street Photography. Aber es fällt mir nicht leicht. Mit einer langen Brennweiten an einem Mauervorsprung zu warten geht gar nicht.
Die Persönlichkeitsrechte sind ein weiteres Thema. Ich versuche mich möglichst unauffällig und nicht aufdringlich zu verhalten. Trotzdem
fühle ich mich in manchen Situationen etwas "unwohl". Dem Magnum Fotografen Bruce Gilden scheinen solche Dinge nicht zu quälen und
eine gewisse Schüchternheit kann man ihm auch nicht nachsagen. Aber einer Oma aus nächster Nähe das Augenlicht wegzublitzen, das hat schon was... ardon:



Bruce Gilden - Street Photography


 
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RE: Nah dran...

#2 von chess , 11.01.2009 11:34

QUOTE (opelgt @ 2009-01-11, 0:11) Ich versuche mich möglichst unauffällig und nicht aufdringlich zu verhalten. ... Dem Magnum Fotografen Bruce Gilden scheinen solche Dinge nicht zu quälen und eine gewisse Schüchternheit kann man ihm auch nicht nachsagen...[/quote]

Deswegen ist er bei Magnum und du nicht...

Die Vorgehensweise von Bruce ist sicher nicht jedermanns Sache und an so "Peanuts" wie Persönlichkeitsrechte sollte man dabei eh keine Gedanken verschwenden. Aber das Resulta gibt ihm recht. Seine Bilder sind speziell genug, um damit bekannt zu werden und bei Magnum zu landen. Er sticht mit seiner Art der Fotografie einfach aus der Masse heraus. Ob es einem persönlich dann gefällt, muss jeder für sich selber entscheiden. ...Ich würde mir keines seiner Bilder ins Schlafzimmer hängen...


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RE: Nah dran...

#3 von hameln , 11.01.2009 20:59

Ich selbst bin seit etwas über 50 Jahren ein begeisterter Amateurfotograf, und ich fotografiere u. a. auch gerne Menschen. Aber immer nur mit dem nötigen Respekt und nur mit deren Einverständnis. So verabscheue ich es auch, wenn Menschen heimlich fotografiert und die Bilder dann veröffentlicht werden. Siehe z.B. manche Urlaubsbilder.

Für mich ist er bloß ein skrupelloser, lästiger, ziemlich affiger Zeitgenosse. Rücksichtslos gegenüber anderen Menschen, nur um Effekte im eigenen Interesse bedacht. Die Würde seiner Mitmenschen schlichtweg verletzend.


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RE: Nah dran...

#4 von moorjunge , 11.01.2009 21:39

ZITAT(hameln @ 2009-01-11, 20:59) ..So verabscheue ich es auch, wenn Menschen heimlich fotografiert und die Bilder dann veröffentlicht werden..[/quote]

Was doch sowieso illegal ist, oder nicht?


Ich stehe zu meiner Handschlaufe

Klar war die Ausrüstung teuer und ich mache keine besseren Bilder dadurch.
Aber ich habe jetzt mehr Spass an meinen schlechten Bildern.
Heiko Kanzler


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#5 von hameln , 11.01.2009 22:04

Klar, jedenfalls das Veröffentlichen. Leider hält so mancher sich nicht daran.
Aber es ist nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine ethische Frage.


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RE: Nah dran...

#6 von stevemark , 11.01.2009 23:29

ZITAT(moorjunge @ 2009-01-11, 21:39) ZITAT(hameln @ 2009-01-11, 20:59) ..So verabscheue ich es auch, wenn Menschen heimlich fotografiert und die Bilder dann veröffentlicht werden..[/quote]

Was doch sowieso illegal ist, oder nicht?
[/quote]

Nein, soweit es sich um "Kunst" handelt, nicht. Kommerzielle Sachen dürfen nicht ohne Zustimmung des Abgelichteten veröffentlicht werden - ausser, es handle sich um eine Person, die aufgrund ihrer Funktion oder Bekanntheit als "öffentlich" gilt (Vom Papst über Schumacher bis hin zu Queen und Obama).

Und jetzt zeige mir jemand Kunst, die nicht kommerziell ist. Womit wieder einmal gezeigt ist, wie nötig wir die Rechtsanwälte haben, die ihre selbstgemachten Mehrdeutigkeiten dann richtig interpretieren.

Ich geb's ja gerne zu, dass ich eigentlich Naturwissenschafter bin.

EDIT: Das gilt offensichtlich nur hier - in der Schweiz ...


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RE: Nah dran...

#7 von Giovanni , 11.01.2009 23:38

QUOTE (opelgt @ 2009-01-11, 0:11) quälen und
eine gewisse Schüchternheit kann man ihm auch nicht nachsagen. Aber einer Oma aus nächster Nähe das Augenlicht wegzublitzen, das hat schon was... ardon:


Bruce Gilden - Street Photography[/quote]
"I have no ethics" ... "this is like a war zone" ...

Wow, der Kerl hat wirklich keinen Respekt und eine krasse Einstellung. Aber die Ergebnisse sind teilweise erste Sahne. Trotzdem, so was kann man nicht veröffentlichen. Allerdings - ein bisschen mehr Frechheit zu lernen, das werde ich mir auch angewöhnen müssen.

Einmal ging ich in Peking an einer Gruppe von Männern vorbei, die in einem der Hutong-Sträßchen vor einer kleinen Fabrik oder Kohlenhandlung warteten ... aber ich traute mich nicht ... und meine Freundin (sie ist Chinesin) bekam Panik, weil sie Stress mit diesen Leuten fürchtete, falls ich ein Foto machen würde. Leider kann ich kein Wort chinesisch (bisher! und konnte die Leute nicht fragen. Auf alle Fälle ärgerte ich mich wie selten, denn das wäre ein geniales (!!! Motiv gewesen. Manchmal muss man einfach ein wenig frech sein. Was dieser Bruce Gilden hier macht, ist aber nicht frech, sondern teilweise unverschämt. Übrigens lerne ich langsam dazu. Später machte ich Aufnahmen auf einem Markt im Südwesten Chinas. Dort gelangen mir Aufnahmen, auch aus der Nähe, mit denen ich sehr zufrieden bin. Ich werde wohl demnächst ein paar davon veröffentlichen, vielleicht irgendwann auch ein paar hier in der Galerie.

Was ich hier von der technischen Seite her interessant finde, ist, dass er einen entfesselten Blitz in Kombination mit langen Verschlusszeiten benutzt und selektiv sein Subjekt blitzt. Das gibt eine interessante Verbindung von Bewegung und Momentaufnahme, von einer Person und der städtischen Umgebung, von Stillstand und Hektik. Leider lässt sich das mit dem Blitz nicht überall so machen, aber ich würde es gerne mal ausprobieren. Es gibt aber sicher ein paar Orte, wo Bruce Gilden gesundheitliche Probleme bekäme mit dieser Art zu fotografieren.

Schöne Grüße
Johannes


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RE: Nah dran...

#8 von Itscha , 12.01.2009 08:48

ZITAT(Giovanni @ 2009-01-11, 23:38) Es gibt aber sicher ein paar Orte, wo Bruce Gilden gesundheitliche Probleme bekäme mit dieser Art zu fotografieren.[/quote]
Ich hab mir das Filmchen nicht ganz bis zum Schluss angeschaut. Bis zur Hälfte etwa hab ich aber keinen gesehen, den Bruce Gilden fotografiert hat, der so aussah, als könnte er das Foto mit "einer flachen Hand aufs Maul" quittieren. Nur von wegen "keinen Respekt" und "Frechheit". Hätte der Herr z.B. mal nen kahl rasierten 2-Meter-Proleten mit Dobermann so abgeblitzt, wie er die Oma anfangs des Films abgeschossen hat, hätte er meine Hochachtung gewonnen.

Aber die harm- und wehrlosen Passanten, an die er sich rangetraut hat? So viel Frechheit und Respektlosigkeit gehört da m.E. nicht dazu. Eher Unverschämtheit und Missachtung. Ist allerdings sicherlich eine Frage der Auslegung.
Mein Ding ist es nicht. Obwohl ich Giovanni recht geben muss: In manchen Situationen müsste man seine höfliche Zurückhaltung auch mal lockern, wenn ein geniales Motiv es erfordert. Man muss es ja nicht "komerzialisieren".

Die rotzige Art, mit der dieser Bruce Gilden die Leute abschießt, sagt mir jedenfalls nicht zu. Und die Ergebnisse allenfalls teilweise.
Aber über "Kunst" lässt sich bekanntlich gut streiten...


Gruß,

Itscha

"Sowas kommt von sowas." (Stan Laurel) www.moselpixx.de


 
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RE: Nah dran...

#9 von hameln , 12.01.2009 10:18

QUOTE (stevemark @ 2009-01-11, 23:29) QUOTE (moorjunge @ 2009-01-11, 21:39) QUOTE (hameln @ 2009-01-11, 20:59) ..So verabscheue ich es auch, wenn Menschen heimlich fotografiert und die Bilder dann veröffentlicht werden..[/quote]

Was doch sowieso illegal ist, oder nicht?
[/quote]

Nein, soweit es sich um "Kunst" handelt, nicht. Kommerzielle Sachen dürfen nicht ohne Zustimmung des Abgelichteten veröffentlicht werden - ausser, es handle sich um eine Person, die aufgrund ihrer Funktion oder Bekanntheit als "öffentlich" gilt (Vom Papst über Schumacher bis hin zu Queen und Obama).

Und jetzt zeige mir jemand Kunst, die nicht kommerziell ist. Womit wieder einmal gezeigt ist, wie nötig wir die Rechtsanwälte haben, die ihre selbstgemachten Mehrdeutigkeiten dann richtig interpretieren.

Ich geb's ja gerne zu, dass ich eigentlich Naturwissenschafter bin.
[/quote]


Oh nein, keine Irrwege gehen. Bei einer Veröffentlichung von Bildern, die Personen darstellen (nicht als sog. Beiwerk, sondern der Abbildung der Person wegen), spielt "Kunst" (wie auch immer man die definieren will) überhaupt keine Rolle. Es gilt ausschließlich das gesetzlich verbriefte Persönlichkeitsrecht der Person. Nur mit ihrer Zustimmung darf solch ein Bild verbreitet oder veröffentlicht werden.

Eine Ausnahme stellen die angesprochenen (absoluten und relativen) "Personen der Zeitgeschichte" dar.


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RE: Nah dran...

#10 von Giovanni , 12.01.2009 10:36

QUOTE (hameln @ 2009-01-12, 10:18) QUOTE (stevemark @ 2009-01-11, 23:29) QUOTE (moorjunge @ 2009-01-11, 21:39) Was doch sowieso illegal ist, oder nicht?[/quote]Nein, soweit es sich um "Kunst" handelt, nicht. [...]
[/quote]Oh nein, keine Irrwege gehen. Bei einer Veröffentlichung von Bildern, die Personen darstellen (nicht als sog. Beiwerk, sondern der Abbildung der Person wegen), spielt "Kunst" (wie auch immer man die definieren will) überhaupt keine Rolle. Es gilt ausschließlich das gesetzlich verbriefte Persönlichkeitsrecht der Person. Nur mit ihrer Zustimmung darf solch ein Bild verbreitet oder veröffentlicht werden.

Eine Ausnahme stellen die angesprochenen (absoluten und relativen) "Personen der Zeitgeschichte" dar.
[/quote]
Das ist die Rechtslage in Deutschland. Deshalb kann man hier nicht so wie Bruce Gilden fotografieren und dies dann veröffentlichen. In anderen Ländern (z.B. USA) sieht es aber teilweise anders aus.


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RE: Nah dran...

#11 von hameln , 12.01.2009 11:01

Das ist richtig. Für diesen argen Zeitgenossen ist die deutsche Gesetzesregelung (die teils auch ähnlich in einigen anderen europäischen Staaten aufgestellt ist) sicher bedeutungslos. Mein Hinweis in diesem Falle sollte allerdings auch weniger auf ihn abgestellt sein, sondern nur eine generelle Aussage (die sich meiner Auslegung nach auch mehr auf Deutschland bezog) geraderücken.

Die deutsche Gesetzesregelung gilt allerdings auch für "Veröffentlicher", die im Ausland personenbezogene Bilder machen und diese dann ohne Zustimmung veröffentlichen.
Ich fürchte ohnehin, dass sich einige dennoch nicht von einer Veröffentlichung abhalten lassen. Leider. Denn wir müssen lernen, dass andere Menschen auch Rechte haben (nicht nur gesetzlich definierte, sondern auch sozusagen "naturgegebene",

Nun aber genug davon. Lasst uns lieber fotografieren gehen, es ist –jedenfalls hier- schönes Wetter. Doch leider muss ich zuvor noch arbeiten. Das geht aber glücklicherweise vorrüber


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RE: Nah dran...

#12 von Giovanni , 12.01.2009 11:13

QUOTE (hameln @ 2009-01-12, 11:01) Das ist richtig. Für diesen argen Zeitgenossen ist die deutsche Gesetzesregelung (die teils auch ähnlich in einigen anderen europäischen Staaten aufgestellt ist) sicher bedeutungslos. Mein Hinweis in diesem Falle sollte allerdings auch weniger auf ihn abgestellt sein, sondern nur eine generelle Aussage (die sich meiner Auslegung nach auch mehr auf Deutschland bezog) geraderücken.

Die deutsche Gesetzesregelung gilt allerdings auch für "Veröffentlicher", die im Ausland personenbezogene Bilder machen und diese dann ohne Zustimmung veröffentlichen.[/quote]
So weit ich weiß aber nur für Erstveröffentlichungen, d.h. wurde das Bild bereits z.B. in den USA veröffentlicht, darf es hier anschließend auch veröffentlicht werden. Habe ich das richtig in Erinnerung?

Das Ganze ist ein überaus schwieriges Thema, wie ich finde. Es gibt auch ein paar bekannte Fotografen, die sich hier in einer Grauzone bewegen. Ich fragte mal einen, ob er für seine spontanen Portraits, die er in Entwicklungsländern aufgenommen hat, tatsächlich jedes Mal Model Releases einholen konnte. Er antwortete mir sinngemäß, dass das so explizit oft nicht geht und dass er einige Bilder, die er bei seinen Vorträgen zeigt, deshalb z.B. nicht als Kalender drucken würde. Solche Vorträge selbst sind aber auch m. E. bereits eine Grauzone. Reisereportagen, auf denen nur die eigenen Verwandten des Fotografen oder gar keine Menschen aus der Nähe zu sehen sind, will schließlich niemand sehen. Oder?

Allerdings - jemanden gegen dessen Willen zu fotografieren, wie es augenscheinlich bei der älteren Dame im Video durch Bruce Gilden geschah, finde ich extrem verwerflich. Fotografen, die erklärtermaßen mit ohne Ethik auf ihre Mitmenschen losgehen, sollten dafür nicht belohnt werden. Und "gut" sind die Ergebnisse nicht wirklich im umfassenden Sinn. Im Großstadtdschungel sollten für Fotografen wenigstens die gleichen Grundsätze gelten, wie sie sich Tierfotografen in der Wildnis auferlegen. Wenn der Fotograf zum Störfaktor wird, sind auch die Fotos irgendwie ... gestört.

Gruß
Johannes


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RE: Nah dran...

#13 von hameln , 12.01.2009 11:25

Nicht ganz unstrittig, aber durchaus vertretbar.

So aber nun endgültig Schluß. Und es gibt, wie gesagt, nicht nur die juristische Seite im Leben. Glücklicherweise - oder schade, je nach Sichtweise.

Übrigens @Giovanni: Viel Erfolg beim total veralterten, überholten und unzeitgemäßen Analog-Fotografieren mit dem BW400CN. Habe ich demnächst auch vor.


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RE: Nah dran...

#14 von opelgt , 12.01.2009 17:50

ZITAT(stevemark @ 2009-01-11, 23:29) ZITAT(moorjunge @ 2009-01-11, 21:39) ZITAT(hameln @ 2009-01-11, 20:59) ..So verabscheue ich es auch, wenn Menschen heimlich fotografiert und die Bilder dann veröffentlicht werden..[/quote]

Was doch sowieso illegal ist, oder nicht?
[/quote]

Nein, soweit es sich um "Kunst" handelt, nicht.
[/quote]


Sicher? Wer entscheidet denn was Kunst ist oder was nicht?


 
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RE: Nah dran...

#15 von stevemark , 12.01.2009 18:05

"... the viewer will always feel like a participant because i work so close ..."

Das ist wohl der Kernsatz.

Und ein Plädoyer für kuuurze Brennweiten und unauffällige Kameras. 24mm vielleicht, oder 20mm. Eine M-Leica, oder eine XD7.

Vielleicht sogar die a900 mit 2.8/20mm, aber ohne Grip.

Das ganze motiviert: nämlich von Gilden's Technik und seiner Wachheit zu lernen - und gleichzeitig etwas weniger "Warzone-Feeling" aufkommen zu lassen.

Greez

Steve

Ach ja: Funzone. Italien, nicht NY. Zeiss, nicht Leitz. Fortsetzung folgt.


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