RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#1 von NicoSRT 303 , 06.12.2008 23:37

Hallo zusammen!

Ich habe jetzt seit einem 3/4 Jahr das 17-35mm f/2,8-4 von Minolta und nutze es - wie ihr gerade wieder in der Galerie sehen könnt - an meiner kleinen Alpha 200. Ich mag das Objektiv eigentlich wirklich gern - aber ich kriege eigentlich NIE verzeichnungsfreie Bilder hin.

Heute war ich in Krefeld bei der Andreas Gursky-Ausstellung (siehe erneut Galerie) und hab da auch ein paar Bilder gemacht. Aber ich bin unzufrieden. Denn immer ist irgenwas schief und krumm. Und wenn ich versuche, das zu bearbeiten und an einer Ecke was "repariere", dann mache ich an der anderen Ecke was kaputt. Was ich also mit den Händen aufbaue, schmeiße ich im zweiten Schritt mit dem Hintern wieder um.

Gibts Tricks, mit denen mein WW-Bild eher was wird? Und jetzt bitte nicht auf dem Niveau "Kamera geradehalten..." Macht es zB bei WW-Fotografie Sinn, öfter (immer?) in die Hocke zu gehen, wenn ich Situationen wie das aktuelle Bild in der Galerie ("Watching Gursky" aufnehmen will? Und wenn ich dann mal (wieder) kein verzerrungsfreies Bild hinbekommen habe, worauf achte ich dann bei der Nachbearbeitung (PS)? Mir ist klar, was ich wie verändern kann - tonnen- und kissenförmige Verzeichnung korrigieren etc. kann ich. Aber warum kommen am Ende trotzdem nie wirklich gerade Linien dabei heraus?

Also wenn ihr Tips zur Fotografie mit einem WW habt - oder auch (nur) zur Nachbearbeitung - immer her damit! Ich finde das ganz schön schwierig, das WW-Objektiv so anzuwenden, daß ich seine Leistungsfähigkeit ausreizen könnte. Oder hab ich vielleicht nur ein ziemlich mieses Exemplar erwischt? Wie sind eure Erfahrungen mit dem 17-35er?

Viele Grüße - Nico


Wer Interesse hat, ist herzlich eingeladen, mal vorbeizuschauen: Klick
---
Die Tatsache, dass eine (im konventionellen Sinn) technisch fehlerhafte Fotografie gefühlsmäßig wirksamer sein kann als ein technisch fehlerloses Bild, wird jene schockieren, die naiv genug sind, zu glauben, dass technische Perfektion den wahren Wert eines Fotos ausmacht. (Andreas Feininger)


NicoSRT 303  
NicoSRT 303
Beiträge: 801
Registriert am: 05.02.2005


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#2 von tatatu , 07.12.2008 12:01

ZITAt (NicoSRT 303 @ 2008-12-06, 23:37) Und jetzt bitte nicht auf dem Niveau "Kamera geradehalten..."[/quote] Hi Nico,

es läuft aber letztlich auf "Kamera gerade halten" hinaus. "Gerade" aber in allen Achsen.
Zunächst mal: die Verzeichnung ist Effekt der Eigenschaften des Objektivs; die hat mit der Kameraposition nichts zu tun und ist immer gleich (beim Zoomobjektiv müßte man korrekterweise sagen: bei selber Brennweite immer gleich, denn bei 17mm wird die Verzeichnung anders aussehen als bei 35mm).
Die perspektivische Verzerrung ist das, was Du durch die Kameraposition in den Griff kriegst.

Da sich durch das Objektiv nun mal alles zenralperspektivisch auf dem Film/Chip abbildet ist die ideale Kameraposition (bzw. die einzig präzise in Hinblick auf Dein Anliegen) die, bei der die Kamera...
1. völlig parallel und genau im Mittelpunkt zum Motiv ausgerichtet ist und
2. in beiden Achsen "im Wasser" steht (also weder seitlich noch nach oben oder unten gekippt ist)

Manchmal kann man nicht alle Kritierien erfüllen. In den vertikalen Mittelpunkt eines Gebäudes kommst Du nur, wenn Du gegenüber in einem anderen Gebäude auf dem Balkon stehst (oder sonstwie Deine Kameraprosition erhöhst).
Alternative: Shiftobjektive.
Wenn das nicht geht, dann kann man nur die Kamera hochschwenken. Aber: dennoch spielen die anderen Achsen auch hier eine Rolle. Stehst Du nun mittig zum Gebäude und die Kamera ist horizontal gerade ausgerichtet, nur eben nach oben gekippt, weil Du sonst ja das Gebäude von der Strasse aus nicht ganz drauf kriegst, dann kommt am Ende ein Bild heraus, dass symetrisch ist, nur eben dass sich das Gebäude nach oben verjüngt.
Genau das kann man dann ausgleichen mit der "Perspektivischen Korrektur" in (z.B.) Photoshop.
Stehst Du dabei aber eben nicht mittig und ist die Kamera auch horizontal nicht gerade ausgerichtet, dann geht es mit einer einfachen (symetrischen) Perspektivkorrektur eben nicht mehr, sondern Du mußt das Bild asymetrisch verzerren. "Gerade" wird es dabei wohl... aber es bleibt dennoch asymetrisch (siehe unten).

Man kann das ganz gut nachvollziehen, wenn man mal die perspektivischen Achsen aufzeichnet.
Hier absichtlich die Achsen, die sich ergeben, wenn die Kamera nicht parallel/mittig ausgerichtet ist - da sieht man sofort, dass danach die Korrektur der planen (2D) Fläche in Photoshop komplizierter ist.

Ideale Position:
[attachment=4688ersp01.jpg]

Zu weit links und zu tief:
[attachment=4689ersp02.jpg]

Noch weiter links und noch tiefer:
[attachment=4690ersp03.jpg]

Aufsicht mittige Kameraposition:
[attachment=4686:aufsicht01.jpg]

Aufsicht außermittige Kameraposition, aber Kamera leicht nach rechts geschwenkt:
[attachment=4687:aufsicht02.jpg]
Dies ist der "Fehler", der sich sofort verrät, weil er nachträglich durch nichts auszugleichen ist.
z.B. hier: http://www.mi-fo.de/forum/4homepages/detai?image_id=10394 - Kameraposition zu weit rechts, aber dann nach links geschwenkt.
Das kann man zwar irgendwie gerade ziehen... aber die Asymetrie innerhalb des Bildes wird immer bleiben.


Was die Verzeichnung bzw. die Korrektur des ganzen angeht...
Zuerst die Verzeichnung ausgleichen, dann die perspektivische Verzerrung.
Hier sind Tools hilfreich, die die Verzeichnungskorrektur als Preset speichern... denn oft hat man ja gar keine brauchbaren Linien im Bild, um die Verzeichnung "freihand" auszugleichen.
Am besten sind Tools, die Verzeichnung korrigieren und gleichzeitig Perspektive korrigieren lassen (bzw. es sind auch hier immer noch 2 Arbeitsschritte, aber das Bild wird erst nach beiden Arbeitsschritten interpoliert).
Ohne jeden Komfort und Preset ist "Rectilinear Panorama" von Altostorm. Fummeliger geht es nun wirklich nicht mehr, allerdings ist die Qualität spitze.
Sonst die üblichen Verdächtigen: die Lens Correction von "Powerretouche" z.B. (nur Verzeicnungskorrektur), PTLens (Verzeichnung + Perpsektive)... u.a.
Die Photoshop-Filter für kreisförmige Verformung sind schlecht... also auch die Objektivkorrektur.
Sehr gut aber macht Photoshop "perspektivische" Korrekturen (bzw. alle planen Korrekturen).
Oder konkret im Menu "Transformieren": "Skalieren", "Neigen", "Drehen", "Verzerren", "Perspektivisch" arbeiten gut. "Verkrümmen" und "Objektivkorrektur" (unter "Filter" sind mies.
Aber wie gut auch immer die Tools sind... die (möglichst) gute Aufnahme ersetzen sie niemals.

Beste Grüße.

Angefügte Bilder:
Aufgrund eingeschränkter Benutzerrechte werden nur die Namen der Dateianhänge angezeigt Jetzt anmelden!
 f46t22338p237574n1.jpg   f46t22338p237574n2.jpg   f46t22338p237574n3.jpg   f46t22338p237574n4.jpg   f46t22338p237574n5.jpg 

tatatu  
tatatu
Beiträge: 2.931
Registriert am: 15.12.2005


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#3 von J.L. , 07.12.2008 14:24

Hallo Nico,

ich habe auch das Konica-Minolta 17-35mm 2,8-4.
Es hat bei 35mm eine leicht kissenförmige, bei 17mm eine leicht tonnenförmige Verzeichnung. Bei Vollformat ist diese leicht in den Randbereichen des Bildes sichtbar. Bei Digital-APS-Format-Chips eher vernachlässigbar. Ich finde aber dennoch, daß die Verzeichnung viel geringer ausfällt als bei vielen Zooms im Normalbrennweitenbereich.

Für Architekturaufnahmen, wo es auf gerade Linien ankommt, sind Weitwinkelzooms sowieso ungeeignet. Wenn Du Landschaft aufnimmst und den Horizont gerade haben willst, sollte der Horizont durch den Bildmittelpunkt laufen.

Zu den perspektivischen Verzerrungen ist schon einiges gesagt worden - für die bist Du verantwortlich und nicht Kamera oder Objektiv.

Gruß,
Jochen


J.L.  
J.L.
Beiträge: 258
Registriert am: 22.04.2006


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#4 von clintup , 07.12.2008 14:31

ZITAt (tatatu @ 2008-12-07, 12:01) ...[/quote]

Gute und ausführliche Antwort. Nützt mir vermutlich auch; also danke!


Gruß, clintup


 
clintup
Beiträge: 1.549
Registriert am: 11.04.2006


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#5 von harubang , 07.12.2008 15:47

Hallo nico,

wenn Du bei der Aufnahme schon alles gut ausgerichtet hast, sind die dennoch verbleibenden "gebogenen Geraden" das Resultat der Objektivverzerrung.
Mir hat hier oft wunderbar die pfiffige Freeware "Shift N" von Marcus Hebel geholfen; meist war das Ergebnis dann so, wie ich es wollte!

Gruß
Rolf


harubang  
harubang
Beiträge: 752
Registriert am: 13.09.2003


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#6 von NicoSRT 303 , 07.12.2008 15:52

@ Tatatu: Dank Dir für Deine ausführliche Antwort - vor allem für die Beispielbilder, die sehr anschaulich sind. Hm - also doch "nur" geradehalten - als wenn das so einfach wäre Die Software-Tips werd ich mir bei Gelegenheit mal anschauen. Ich glaube langsam, da hilft nur "üben üben üben", um das richtig in den Griff zu bekommen.

@ Guthorst: Danke für Deine Beschreibung Deines 17-35. Die Verzeichnung bei 35mm finde ich auch nicht so dramatisch, aber die Verzeichnung bei 17 mm finde ich schon ganz ordentlich - um nicht zu sagen störend. Ich häng mal ein völlig unbearbeitetes, nur vom raw ins jpg konvertiertes Beispielbild @ 17mm dran - vielleicht ist meines dann wirklich nicht soooo top und ich hab aus der Streuung eher ein mieses Exemplar erwischt?!

@ Harubang: Danke auch Dir für den Software-Tip. Ich schau mir das mal an

Viele Grüße und einen schönen zweiten Advent euch allen!
Nico


Wer Interesse hat, ist herzlich eingeladen, mal vorbeizuschauen: Klick
---
Die Tatsache, dass eine (im konventionellen Sinn) technisch fehlerhafte Fotografie gefühlsmäßig wirksamer sein kann als ein technisch fehlerloses Bild, wird jene schockieren, die naiv genug sind, zu glauben, dass technische Perfektion den wahren Wert eines Fotos ausmacht. (Andreas Feininger)

Angefügte Bilder:
Aufgrund eingeschränkter Benutzerrechte werden nur die Namen der Dateianhänge angezeigt Jetzt anmelden!
 f46t22338p237587n1.jpg 

NicoSRT 303  
NicoSRT 303
Beiträge: 801
Registriert am: 05.02.2005


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#7 von thomasD , 07.12.2008 17:56

Meinem Verständnis nach hat die Serienstreuerung keinen Einfluss auf die Verzeichnung des Objektives, das hängt mit der Rechnung zusammen. Ein unsauber montiertes Objektiv kann (in Bereichen) etwas unschärfer werden oder die Zentrierung ist daneben, aber die Verzeichnung ist immer weitgehend identisch.


Gruß, Thomas

------------------------------------------------
Sorry, ich übe noch!


thomasD  
thomasD
Beiträge: 3.549
Registriert am: 24.02.2004


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#8 von 01af , 07.12.2008 18:58

QUOTE (NicoSRT 303 @ 6. 12. 2008, 23.37 h) ... das AF 1:2,8-4/17-35 mm von Minolta [...] ich kriege eigentlich NIE verzeichnungsfreie Bilder hin. [...] Denn immer ist irgendwas schief und krumm.[/quote]
Hmmm ... also was jetzt? Schief? Oder krumm? Das sind zwei verschiedene Probleme. Das eine heißt Verzerrung, das andere Verzeichnung.


QUOTE (NicoSRT 303 @ 6. 12. 2008, 23.37 h) Gibt's Tricks, mit denen mein WW-Bild eher was wird? Und jetzt bitte nicht auf dem Niveau "Kamera geradehalten" ...[/quote]
Wenn das unter deinem Niveau ist, dann schlage ich vor, das Weitwinkelzoom wegzupacken und zu einem Standard- oder Teleobjektiv zu greifen. Verzerrungen gehören zur Abbildung dreidimensionaler Objekte auf eine zweidimensionale Fläche wie der Tod zum Leben. Willst du das eine, so kannst du dem anderen nicht entgehen. Und je größer der Bildwinkel, desto offensichtlicher die Verzerrungen.

Die einzige Chance auf eine verzerrungsfreie Abbildung besteht darin, zweidimensionales auf zweidimensionales abzubilden -- also flache Objekte, die parallel zur Film- bzw. Sensorebene ausgerichtet sind. Mit anderen Worten: halte deine Kamera gerade!

Hat man die Kamera nicht geradehalten können oder wollen, dann kann man die Verzerrungen in der Bildbearbeitung nachträglich kaschieren. Das heißt, man kann sie gegen andere, visuell weniger störende eintauschen. Man kann sie aber nicht entfernen; das ist prinzipbedingt nicht möglich. Die Verwendung von Shift- oder Tilt-Objektiven bewirkt ebenfalls "nur" den Tausch der einen Verzerrung gegen eine andere, (hoffentlich) weniger störende. Da aber "nicht störende" Verzerrungen von vielen Betrachtern gar nicht mehr als Verzerrungen wahrgenommen werden, werden sie gewöhnlich als "entfernt" aufgefaßt ... auch wenn sie in Wirklichkeit nur "unter den Teppich gekehrt" wurden. Typisches Beispiel: "Entfernung" stürzender Linien.

Verzeichnungen hingegen sind ein Objektivfehler, den man weder durch Geradehalten noch durch Abblenden oder sonstige Maßnahmen eliminieren könnte. Da hilft nur die nachträgliche Bildbearbeitung. Die Objektivkonstrukteure nehmen ein gewisses Maß an Verzeichnung (meist tonnenförmig im Weitwinkel- und kissenförmig im Telebereich) bewußt in Kauf, weil sich dadurch andere Fehler leichter beherrschen lassen und das Objektiv kleiner, leichter und bezahlbarer wird. Die Konstruktion eines Objektives ist nun einmal stets ein Balanceakt in einem Gestrüpp von Kompromissen.

Überlagern sich Verzerrungen und Verzeichnungen (was in der Praxis üblicherweise der Fall ist), dann sollte man zuerst die Verzeichnung auskorrigieren und danach die Verzerrungen, niemals umgekehrt. Und Ausschnittkorrekturen, falls gewünscht, kommen erst danach.

-- Olaf


Politische Korrektheit und Vernunft sind nicht miteinander vereinbar, Am-Stock-Gehen ist eine Sportart, und Minolta baut keine Kameras mehr.


01af  
01af
Beiträge: 2.871
Registriert am: 05.03.2005


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#9 von J.L. , 07.12.2008 20:01

Hallo Nico,

das Foto mit dem tonnenförmigen Bilderrahmen (oder was immer das auch ist) ist natürlich deutlich verzeichnet. Aber wie gesagt - ein solches Extrem-Weitwinkel ist nicht geeignet für Architekturaufnahmen (oder Repros).

Bezüglich optischer Konstruktion mußt Du bedenken, wie schwierig das ist: Ein Objektiv mit 17mm Brennweite in der Bildmitte sollte in den Bildecken eines 24x36-Negatives eine Brennweite von etwa 27mm haben (die 1,6-fache Brennweite), um verzeichnungsfrei/rectilinear abzubilden.
Gleichzeitig sollte das Bild sowohl in der Mitte als auch in den Ecken noch scharf abgebildet sein.
Und das alles bei einer Lichtstärke von 1:2,8.
Das ist für eine Festbrennweite schon problematisch.
Und als Krönung soll es sich noch um ein 2-fach-Zoom handeln, das in allen Einstellungen scharf, verzeichnungsfrei und lichtstark ist.

Gruß,
Jochen


J.L.  
J.L.
Beiträge: 258
Registriert am: 22.04.2006


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#10 von NicoSRT 303 , 11.12.2008 18:11

Moin zusammen!
Ich hab ja keine Ahnung von dem technischen Kram, darum frage ich Deswegen erstmal vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen ... - natürlich auch an 01af, obwohl ich mich über die Einleitung (mal wieder) ein bißchen geärgert habe: Ich habe mit "bitte nicht auf dem Niveau von..." nicht gemeint, daß das UNTER MEINEM Niveau sei - ich ging vielmehr davon aus, daß diese Antwort, die ich auch hätte geben können, nicht die zielführende ist - sonst hätte ich ja die Frage nicht stellen müssen. Wäre schön, wenn Du Dir diese (unnötigen) Spitzen gegen (auch noch so naive wie mich) sparen kürdest. So hab ich aber immerhin schonmal den Unterschied zwischen Verzerrung und Verzeichnung kapiert - und daß ich im Zweifel das eine nie völlig ausgleichen und das andere nur per EBV korrigieren kann - neben dem Geradehalten, das offenbar im WW-Bereich wichtiger denn je ist.
Also dann - auf in den Kampf mit dem Element! Da ich das WW grundsätzlich sehr schätze, werd ich es gewiß nicht wegpacken, sondern an unserer Zusammenarbeit feilen
Servus und Dank nochmal euch allen!
.nico
PS: Äh - wie kann ich einen Bereich "off topic" formatieren, damit das in hellblau hinterlegt und ausgeblendet wird? Jetzt siehts doof aus - man kann es nur lesen, wenn man die schwarzen Balken markiert...

[EDIT: BBCode repariert durch Moderator.]


Wer Interesse hat, ist herzlich eingeladen, mal vorbeizuschauen: Klick
---
Die Tatsache, dass eine (im konventionellen Sinn) technisch fehlerhafte Fotografie gefühlsmäßig wirksamer sein kann als ein technisch fehlerloses Bild, wird jene schockieren, die naiv genug sind, zu glauben, dass technische Perfektion den wahren Wert eines Fotos ausmacht. (Andreas Feininger)


NicoSRT 303  
NicoSRT 303
Beiträge: 801
Registriert am: 05.02.2005


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#11 von Alison , 12.12.2008 09:32

Danke auch von mir für die ausführlichen und sorgfältigen Antworten. So eine Diskussion zeigt wirklich wie gut dieses Forum sein kann.

Alison


Alison  
Alison
Beiträge: 870
Registriert am: 02.01.2006


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#12 von Alison , 12.12.2008 10:03

Hallo,



Noch ein Punkt würde mich im Detail interessieren: Wie effektiv ist die Korrektur stürzender Linien im Vergleich zu einem Bild, das aus der optimalen Aufnahmeposition gemacht wurde?

Also angenommen ich fotografiere die Frontseite eines Hauses:



Fall A

Aus einem Fenster von der gegenüberliegenden Straßenseite aus, wobei sich die Kamera genau auf Höhe der Mitte des zu fotografierenden Hauses befindet und vertikal ausgerichtet ist. In diesem Fall werden oberer und unterer Teil des zu fotografierenden Hauses im gleichen Verhältnis abgebildet und es ergeben sich auch keine stürzenden Linien



Fall B

Ich stehe unten auf der Straße und kippe die Kamera nach oben um das Haus vollständig zu erfassen. Der untere Teil des Hauses nimmt jetzt mehr Bildfläche ein und durch stürzende Linien verjüngt sich das Bild des Hauses nach oben hin. Die Abbildung ist perspektivisch richtig.



Fall C

Ich nehme das Bild aus B, korrigiere aber die stürzenden Linien. Wie sieht es jetzt mit der relativen Größe von oberer und unterer Haushälfte aus? Ich vermute mal, das Ergebnis unterscheidet sich von dem aus Fall A.



Fall D

Ich verwende ein Shift Objektiv. Ist das Ergebnis wie bei Fall C?



Fall E

Ich nehme ein Weitwinkelobjektiv und richte die Kamera vertikal aus, so dass es keine stürzenden Linien gibt. Ich nehme dadurch natürlich zur Hälfe Boden auf, aber den scheide ich später weg. Entspricht das Bild jetzt perspektivisch dem mit dem Shift Objektiv?



Gruß,

Alison


Alison  
Alison
Beiträge: 870
Registriert am: 02.01.2006


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#13 von J.L. , 12.12.2008 10:54

Hallo Alison,

Fall E ist identisch mit Fall D

Fall C: Wenn es noch halbwegs natürlich aussehen soll, darfst Du die stürzenden Linien nicht vollständig korrigieren. Bei den Großformatfotografen wirst Du Richtwerte dafür finden, wie stark korrigieren sinnvoll ist.

Sähe halt ein bißchen komisch aus, wenn Du mit Weitwinkel vor einem Haus fotografierst, Du bei den Erdgeschoßfenstern von oben in die Blumenkästen blicken kannst, gleichzeitig aber bei den oberen Stockwerken von unten die Blumen wachsen siehst und die Fenster nur noch als Schmale Schlitze zu sehen sind, da das meiste von der von unten betrachteten Fensterebank verdeckt ist - gleichzeitig aber keine stürzenden Linien zu sehen sind.

Das entspricht etwa der "Party-Pic"-Fotografie, die immer wieder in den Zeitungen zu sehen ist: Die Digiknipse wird den Mädels direkt vor den Hals gehalten, und dank Weitwinkel kannst Du gleichzeitig tief in den Ausschnitt und von unten in die Nasenlöcher blicken.

Gruß,
Jochen


J.L.  
J.L.
Beiträge: 258
Registriert am: 22.04.2006


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#14 von 01af , 12.12.2008 12:23

QUOTE (NicoSRT 303 @ 11. 12. 2008, 18.11 h) ... obwohl ich mich über die Einleitung (mal wieder) ein bißchen geärgert habe [...] Wäre schön, wenn Du Dir diese (unnötigen) Spitzen [...] sparen würdest.[/quote]
Wenn dir eine Antwort als "unnötig" oder als "Spitze" erscheint, dann solltest du deinerseits unnötige Spitzen in der Fragestellung vermeiden. Du bekommst genau die Antwort, die durch die Frage evoziert wird. Wenn du es anders gemeint hattest, dann tut's mir leid -- es ist gewiß nicht meine Absicht, dich boshafterweise zu ärgern. Aber deine Gedanken kann ich nicht lesen, nur deinen Text.


QUOTE (NicoSRT 303 @ 11. 12. 2008, 18.11 h) ... neben dem Geradehalten, das offenbar im WW-Bereich wichtiger denn je ist.[/quote]
Nimm das mit dem Geradehalten nicht allzu religiös. Das ist zwar wichtig, wenn du dokumentarische Aufnahmen machen willst und das Weitwinkel "nur" als Hilfsmittel zur Bewältigung enger Raumverhältnisse zum Einsatz kommt (um also schlicht und einfach auf kurzem Abstand das gewünschte Bildfeld zu erfassen, wenn man nicht weiter zurücktreten kann). Doch die besten, schönsten, hinreißendsten Weitwinkelaufnahmen entstehen, wenn man die spezielle Abbildungscharakteristik kreativ nutzt und aus der Not eine Tugend macht. Da hilft Übung -- setze das Weitwinkel unerschrocken, phantasievoll, aus kurzem Abstand und ohne Furcht vor stürzenden Linien ein. Dann wirst du rasch ein Gefühl dafür entwickeln, was funktioniert und was nicht.


QUOTE (Guthorst @ 12. 12. 2008, 10.54 h) Fall E ist identisch mit Fall D[/quote]
... jedenfalls was die perspektivische Darstellung angeht. Der Unterschied besteht allein darin, daß das Shift-Objektiv das vorhandene Bildformat der Kamera besser ausnutzt.

Und Fall C ist hinsichtlich der Perspektive letztlich ebenfalls identisch zu den Fällen D und E. Schließlich ist der Standort derselbe. Allerdings muß man die Entzerrung richtig machen. Es genügt nicht, allein die konvergierenden Linien auseinanderzuziehen, bis sie parallel (oder fast parallel) verlaufen, man muß zusätzlich den oberen Teil des Gebäudes etwas in die Länge ziehen, um die projektive Verzerrung der Fälle D und E nachzubilden. Anderenfalls wirkte das Gebäude im oberen Teil merkwürdig gestaucht.


QUOTE (Guthorst @ 12. 12. 2008, 10.54 h) Fall C: Wenn es noch halbwegs natürlich aussehen soll, darfst Du die stürzenden Linien nicht vollständig korrigieren.[/quote]
Das ist richtig, gilt aber genau so auch für die Fälle D und E. Das heißt, man soll das Objektiv nicht exakt senkrecht zur Gebäudefassade ausrichten, sondern um eine Spur nach oben schwenken.

-- Olaf


Politische Korrektheit und Vernunft sind nicht miteinander vereinbar, Am-Stock-Gehen ist eine Sportart, und Minolta baut keine Kameras mehr.


01af  
01af
Beiträge: 2.871
Registriert am: 05.03.2005


RE: Weitwinkelfotografie - Wie geht es richtig?

#15 von Alison , 12.12.2008 14:07

Hallo Olaf und Jochen,
vielen Dank für die schnellen und genauen Antworten.
Gruß, Alison


Alison  
Alison
Beiträge: 870
Registriert am: 02.01.2006


   


  • Ähnliche Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag
| 2002- © so-fo.de | minolta-forum.de |
Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz