RE: Minolta 50er - Bokeh?

#31 von Arcis , 08.05.2005 21:04

Dennis, ich möchte Dir da inhaltlich gar nicht widersprechen, freilich kann der Unschärfebereich auch sehr entscheidend für die Bildwirkung sein. Ich wollte eigentlich nur sagen, daß eine bestimmte, subjektiv empfundene Bokeh-Charakteristik wenig über die generelle Güte einer Optik aussagt und vielmehr als Zufallsprodukt der beim Design gewählten Optimierungsparameter resultiert.

Das Problem bei dieser ganzen Bokeh-Geschichte ist doch, daß sie nicht objektiv meßbar ist und deshalb immer vom persönlichen Geschmack abhängen wird. Darüber hinaus dürfte "das Bokeh" -auch mit ein und demselben Objektiv- fotografisch nur schwer reproduzierbar und damit überwiegend dem Zufall überlassen sein - mit bestimmten Trefferquoten vielleicht.

Jedenfalls wird es auch schwer sein, die einzelnen Objektive in eine bestimmte Kategorie einzuordnen, wie man ja anhand der in diesem Thread gezeigten Bildbeispiele des 50igers erahnt.

Aber nehmen wir doch mal als Beispiel die Minolta-AF-Portraitbrennweiten 85, 100/2.8, 100/2.0 und 135mm. Ich kenne alle vier und würde sie allesamt als ausgezeichnet bezeichnen. Ich könnte aber auf Anhieb wirklich nicht sagen, welches nun gemeinhin das schönste Bokeh hat. Gut, ich habe auch nie so gezielt drauf geachtet, aber ein störender Hintergrund wäre mir irgendwann mal aufgefallen. Wenn jemand da andere Erkenntnisse hat, bitte widersprechen.
Nichtsdestotrotz, es ist natürlich unstrittig, daß jedes Objektiv - ganz besonders bei Offenblende - eine individuelle "Handschrift" besitzt, die sich u. a. bei Portraits mehr oder weniger positiv bemerkbar macht. Für diese individuelle Handschrift ist das Bokeh als solches aber nur ein Parameter unter vielen.

Gruß Arcis.



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#32 von Dennis , 08.05.2005 22:48

Man muß aber unterscheiden zwischen dem Bokeh an sich, und seiner Bewertung. Das Bokeh ist natürlich meßtechnisch absolut erfaßbar, schließlich gehorcht es optischen Gesetzen. Ob das Bokeh jetzt schön ist oder nicht, ist natürlich eine eher persönliche Frage, wobei eigentlich schon definiert ist, welche Art von Bokeh "schön" ist, und welche "grauslig".

Als reines Zufallsprodukt würde ich es auch nicht bezeichnen, wenigstens nicht immer, da es ja schließlich auch Objektive mit steuerbarem Bokeh gibt. Bei Billigobjektiven spielt es sicherlich keine Rolle, aber bei teuren Objektiven wird sicherlich auch mal während der Entwicklung ein Auge auf das Bokeh geworfen, besonders im Portrait-Bereich.

Da das Bokeh physikalischen Gesetzen entspricht, ist es natürlich auch reproduzierbar, und eine Optik hat immer eine bestimmte Art von Bokeh. Was nicht konstant ist, sind die fotografischen Motive und deren "Bokeh-Empfindlichkeit".

Also, so ganz kann ich das nicht unterschreiben, was Du da aussagst.



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#33 von eugene g. ( gelöscht ) , 08.05.2005 22:57

Ah ja, ein interessantes Thema. Das Erscheinungsbild des Bokeh hängt also von der eingestellten Blende ab sowie natürlich vom Motiv.
Frage: hängt es auch von der eingestellten Entfernung ab, ceteris paribus?

E.G.



eugene g.

RE: Minolta 50er - Bokeh?

#34 von Arcis , 08.05.2005 23:27

ZITATDa das Bokeh physikalischen Gesetzen entspricht, ist es natürlich auch reproduzierbar, und eine Optik hat immer eine bestimmte Art von Bokeh. Was nicht konstant ist, sind die fotografischen Motive und deren "Bokeh-Empfindlichkeit".[/quote]

Ja, genau das ist mein Problem damit. Was bringt es mir in der fotografischen Praxis, wenn ich ohnehin nur sehr eingeschränkte Einflußmöglichkeit habe, u. a. weil mein Motiv jedesmal anders ist?

Gruß Arcis



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#35 von Dennis , 08.05.2005 23:27

Das ist mir noch nicht aufgefallen. M.E. ist das Bokeh im Nah- und Fernbereich gleich, wenn die Lichtquelle für das Unschärfescheibchen auch relativ gleichweit von der Schärfeebene entfernt liegt.



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#36 von Dennis , 08.05.2005 23:37

Zitat von Arcis
Ja, genau das ist mein Problem damit. Was bringt es mir in der fotografischen Praxis, wenn ich ohnehin nur sehr eingeschränkte Einflußmöglichkeit habe, u. a. weil mein Motiv jedesmal anders ist?


Naja, das Bokeh ändert sich ja nicht. Nimm den Extremfall: Ein Spiegellinsenobjektiv, der Bokeh-Super-GAU. Bei einem kontrastreich gemusterten Hintergrund brauchst Du erst gar nicht abdrücken, in anderen Fällen ist es nicht störend sichtbar. Du weißt also, daß Du im Extremfall mit diesem Objektiv gar nicht fotografieren kannst. Das ist schon eine wichtige Information. Ein Objektiv mit einem angenehmen Bokeh kann erst gar nicht störend auffallen. Es ist ja eigentlich so: Wenn es gar nicht auffällt ist es gut; wenn es auffällt, dann unangenehm. In der Praxis heißt das zB, statt des RF 800 lieber mal das MD 400 mit 2-fach Konverter probieren, oder statt des "grausligen" 50ers vielleicht ein anderes mit schönem Bokeh wählen, zB ein 58er oder 85er. Das kommt eben darauf an, wie wichtig der Hintergrund bei der jeweiligen Aufnahme ist.



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#37 von manfredm , 09.05.2005 08:47

Zitat von Arcis
Ich wollte eigentlich nur sagen, daß eine bestimmte, subjektiv empfundene Bokeh-Charakteristik wenig über die generelle Güte einer Optik aussagt und vielmehr als Zufallsprodukt der beim Design gewählten Optimierungsparameter resultiert.


Das mag früher mal so gewesen sein, heute sicher nicht mehr, die Objektivbauer sind sich des Themas bewußt. Deshalb bauen einige ja - technisch ganz unterschiedlich - Bokeh-optimierte Objektive, Minolta etwa das 135mm STF (und KonicaMinolta hat explizit angekündigt, die "STF-Serie" (bisher kann von einer Serie ja nicht die Rede sein) ausbauen zu wollen, oder Nikon mit seinen "DC"-Optiken, dabei steht "DC" für "defocus control".



 
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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#38 von eugene g. ( gelöscht ) , 09.05.2005 09:19

ZITATKonicaMinolta hat explizit angekündigt, die "STF-Serie" (bisher kann von einer Serie ja nicht die Rede sein) ausbauen zu wollen,[/quote]
War das STF in der Aussage nicht als ein beliebiges Objektiv, als Vertreter der Vollformatobjektive zu verstehen, ebenso wie die G-Objektive? Ich habe lediglich herausgelesen, das hochwertige Vollformatobjektive weiterentwickelt werden.



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#39 von Dennis , 09.05.2005 18:23

Zitat von eugene g.
Frage: hängt es auch von der eingestellten Entfernung ab, ceteris paribus?


Mir ist doch noch was eingefallen: Mit der Einstellung des Fokus ändert sich natürlich die Größe des Unschärfescheibchens, je weiter der Fokus entfernt liegt, desto größer wird es (eigentlich logisch). Wenn ich mich recht erinnere, ist der maximale Durchmesser des Unschärfescheibchens durch die Austrittspupille begrenzt.



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#40 von Dat Ei , 09.05.2005 18:28

Die Größe des Unschärfescheibchens dürfte vom Abstand Filmebene-Motiv und Motiv-Hintergrund abhängen.


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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#41 von eugene g. ( gelöscht ) , 09.05.2005 19:01

ZITATje weiter der Fokus entfernt liegt, desto größer wird es[/quote]
ZITATDie Größe des Unschärfescheibchens dürfte vom Abstand Filmebene-Motiv und Motiv-Hintergrund abhängen.[/quote]

Ja, das erklärt, warum bei einem Laubbaum (Gegenlichtaufnahme von unten in den bedeckten Himmel) die weiter entfernten Blätter (hinter der Fokusebene) vom Bokeh aufgefressen werden. Die eingestellte Entfernung betrug schon eine Reihe von Metern. Bei geringerer eingestellter Entfernung ist das weniger der Fall. "Überstrahlen bzw. Wegstrahlen" ist wohl ein unerwünschter Spezialfall des Bokeh.



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#42 von Dennis , 09.05.2005 19:07

Zitat von Dat Ei
Die Größe des Unschärfescheibchens dürfte vom Abstand Filmebene-Motiv



Ich würde eher sagen: Filmebene-Objektiv-Hauptebene (hintere?), also Fokussierung.

ZITATund Motiv-Hintergrund abhängen.[/quote]

Das habe ich ja gesagt. Beim Vordergrund-Bokeh ist also das Unschärfescheibchen in Unendlich-Fokussierung am größten. Es gibt aber eine obere Schranke für diese Größe.



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#43 von Arcis , 09.05.2005 21:22

ZITATQUOTE (Arcis @ 8.05.2005 - 20:04)
Ich wollte eigentlich nur sagen, daß eine bestimmte, subjektiv empfundene Bokeh-Charakteristik wenig über die generelle Güte einer Optik aussagt und vielmehr als Zufallsprodukt der beim Design gewählten Optimierungsparameter resultiert.

Das mag früher mal so gewesen sein, heute sicher nicht mehr, die Objektivbauer sind sich des Themas bewußt.[/quote]

Diese Aussage stammt vom Leica-Chefoptiker und ich habe sie (sinngemäß der Abhandlung in LFI 2/2005 entnommen. Sie gilt dann strenggenommen auch nur für Leica-Objektive.

Demnach entsteht das "schöne, cremige Bokeh" bei Unterkorrektion der sphärischen Aberration. Bei allen Neurechnungen wird aber durch Einsatz von state-of-the-art-Technik (Asphären, Floating Elements und anderen Kram) eine Idealkorrektur angestrebt und tatsächlich meistens auch erreicht. Dies wirkt sich dann zwar sehr postitiv auf die Gesamtleistung des Objektivs insbesondere hinsichtlich Offenblende und Nahbereich aus, andererseits kann sich das gerade bei der Wiedergabe des Unschärfebereichs eher negativ bemerkbar machen. Das liegt u.a. daran, daß die Schärfe-Übergänge deutlich abrupter und eben auch die Helligkeitsverteilung innerhalb der Unschärfekreise -aufgrund der ansonsten optimalen Korrektur - gleichmäßig, d.h. weniger "cremig" ist.

Somit leuchtet ein, daß perfektes Objektivdesign einerseits, und Optimierung auf Bokeh andererseits, nicht unbedingt automatisch kompatibel sind.

ZITATDeshalb bauen einige ja - technisch ganz unterschiedlich - Bokeh-optimierte Objektive, Minolta etwa das 135mm STF (und KonicaMinolta hat explizit angekündigt, die "STF-Serie" (bisher kann von einer Serie ja nicht die Rede sein) ausbauen zu wollen, oder Nikon mit seinen "DC"-Optiken, dabei steht "DC" für "defocus control".[/quote]

Die Nikons kenne ich nicht, und das Minolta STF hat -wie Du selber andeutest - einen ganz anderen technischen Hintergrund und somit mit dem hier diskutierten Bokeh-Thema nur sehr indirekt zu tun. Im übrigen ist es wirtschaftlich gesehen ein Flop - oder kennst Du einen der es hat (außer unserem schwedischen Freund /dry.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="dry.gif" /> ). Die neue STF-Serie, die da aufgelegt werden soll, möchte ich erst mal sehen.

Zumidest die Minolta-Festbrennweiten, über die wir hier vornehmlich reden, sind zu 90% mehr als 20 Jahre alte Rechnungen - und da war Bokeh noch kein Thema, insofern kann es die Objektivkonstruktion auch nicht großartig beeinflußt haben.
Richtig ist aber sicher, daß speziell die Minoltianer marketingtechnisch das Thema für sich entdeckt und mit der oben schon diskutierten Rundblendenaktion publicityträchtig umgesetzt haben.
Bei Neurechnungen könnten sie das Bokeh sicher stärker mit einbeziehen, wenn sie denn solche in Angriff nehmen würden.

Gruß Arcis



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#44 von Dennis , 09.05.2005 22:28

Zitat von Arcis
Zumidest die Minolta-Festbrennweiten, über die wir hier vornehmlich reden, sind zu 90% mehr als 20 Jahre alte Rechnungen - und da war Bokeh noch kein Thema, insofern kann es die Objektivkonstruktion auch nicht großartig beeinflußt haben.


Das klingt sehr hypothetisch. Die Nikon DC's waren glaube ich aus genau dieser Ära. Und man sollte die Objektivkonstrukteure vor allem von Minolta in den 60er und 70er Jahren nicht unterschätzen. Für eine optimale Bildschärfe muß die sphärische Aberration nur in der Schärfeebene korrigiert sein, wir sprechen hier ja aber über den Unschärfebereich. Kann ja sein, daß Du recht hast, aber Du solltest nicht unterstellen, daß etwas nicht sein kann, nur weil Du es nicht weißt oder Dir nicht vorstellen kannst. Es hieß vielleicht damals nicht Bokeh, denn soweit ich weiß, ist diese Wortschöpfung recht neu, aber ein Thema war die Unschärfe in der Fotografie schon immer, und somit auch die Art und Weise, wie sie von verschiedenen Objektiven gezeichnet wurde.



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RE: Minolta 50er - Bokeh?

#45 von Arcis , 10.05.2005 21:44

Zitat von Dennis
Und man sollte die Objektivkonstrukteure vor allem von Minolta in den 60er und 70er Jahren nicht unterschätzen.


Dennis, ich habe sogar sehr großen Respekt vor diesen Konstrukteuren, weil wir ihnen eine ganze Palette von ausgezeichneten Objektiven verdanken, mit denen wir letztlich immer noch vernünftig fotografieren können.
Allerdings dürften diese Leute längst im wohlverdienten (Vor)Ruhestand sein. Von der Nachfolge-Generation, so es die gibt, ist nicht mehr viel gekommen. Beim Blick auf die vorgestellten Neurechnungen der letzten zehn Jahren stellt sich ja schon die Frage, was die heutigen Minolta-Entwickler eigentlich den ganzen Tag machen. Powerpoints vielleicht?

Gruß Arcis



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