RE: Infos zu Mittelformatrollfilmen mit Barcodekennung

#1 von matthiaspaul , 24.08.2008 12:37

Hallo, liebe Gemeinde,

ich versuche gerade, "alles" über den durch einige neuere Mittelformatkameras lesbaren Strichcode auf Rollfilmen (Brownies) der Filmformate 120 und 220 von Fujifilm herauszubekommen, kann aber nur sehr wenig Informationen dazu im Netz finden.

Dieser Barcode befindet sich auf dem weißen Klebestreifen, mit dem bei 120er Filmen der lichtempfindliche Film schichtseitig auf dem Schutzpapierträger fixiert bzw. mit dem bei 220er Filmen der Vorlaufpapierstreifen mit dem lichtempfindlichen Filmstreifen verbunden ist. Das "Barcode System" (Logo: "|||B" wurde um 1998 im Rahmen der "Easy Loading" Initiative (Logo: "EL" von Fujifilm eingeführt und findet sich seitdem auf allen Rollfilmen von Fujifilm. Ob er auch von verschiedenen anderen Filmherstellern übernommen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Immerhin gibt es nicht nur Fujifilm-Kameras (GA645i Professional, GA645Wi Professional, GA645Zi Professional, GX645AF Professional, GX680III Professional, GX680IIIS Professional), die diesen Barcode lesen können, sondern auch Gehäuse von Hasselblad (H1, H2, H2F und H3D Modell I jeweils mit HM 16-32) und Contax (645 AF).

http://www.google.com/patents?id=WQsEAAAAEBAJ&dq=5845869: US-Patent #6026250 "Camera, bar code reader for camera and method of detecting bar code reading"
http://www.google.com/patents?id=DYJ7AAAAEBAJ&dq=6050489: US-Patent #6050489 "Bar code system for brownie film and bar code reader of camera"
http://www.google.com/patents?id=z6AGAAAAEBAJ&dq=5845869: US-Patent #6208812 "Camera with bar code reader"
http://www.google.com/patents?id=JS18AAAAEBAJ&dq=5845869: US-Patent #6052538 "Camera and exposure control method"

Der Barcode umfaßt 13 Bits, die in Transportrichtung des Films B1 bis B13 genannt werden. Eine logische 1 wird durch einen breiten Strich definiert, der sowohl die Farbe schwarz als auch weiß annehmen kann, eine logische 0 durch die schmalen Streifen, ebenfalls unabhängig von der Farbe weiß oder schwarz. Die Lücken zwischen den Strichen kodieren also ebenfalls Bits, ganz so, wie das bei Barcodes üblich ist. Schmale Streifen sind typischerweise 0,8mm (0,92mm) breit (aber nicht notwendigerweise), und breite Streifen sollten für beste Erkennbarkeit etwa 2,5x so breit sein. Die Zählung beginnt mit dem ersten schwarzen Strich (B1) und endet mit dem siebenten und letzten schwarzen Strich (B13). Vor dem ersten schwarzen Balken (B1) sollte mindestens 3mm weißer Vorlauf existieren, hinter dem letzten Balken (B13) mindestens 2mm weißer Nachlauf (ca. 2,3mm).

Eine Besonderheit betrifft die Bits 1 bis 3, in denen Filmformat bzw. -länge kodiert wird und die definitionsgemäß zusammen immer eine feste Länge besitzen müssen (zweimal kurz und einmal lang, also zweimal 0 und einmal 1). Darüber kann sich der Barcodeleser optimal auf den u.U. durch (außerhalb der Filmbühne) unsaubere Filmplanlage oder schlechten Druck verzerrten Barcode einstellen, um die nachfolgenden Bits (B4 bis B13), in denen die Informationen "dichter" (d.h. mit weniger Redundanz) gepackt sind, trotzdem sicher dekodieren zu können. Aufgrund dieser besonderen Kodierungsvorschrift können in diesen drei Bits nicht acht, sondern nur drei Zustände kodiert werden (über die Bitmuster 0/0/1, 0/1/0 und 1/0/0). Zur Auswahl stehen 120er Filme voller Länge, 120er Filme halber Länge und 220er Filme. Die Kamera kann diese Informationen nutzen, um das Bildzählwerk und den Filmtransport entsprechend anzupassen, bei einigen Kameras wird auch die Position der Filmandruckplatte entsprechend dem jeweils detektierten Filmtyp automatisch justiert oder zumindest deren korrekte Einstellung durch den Benutzer überprüft:

"Type data" B1/B2/B3:
0/0/1: Filmformat 120, halbe Länge ("B2-4" aka "Kurzspule" ->
6x4,5cm "Semi": 7-8 Bilder / 6x6cm "Six": 6 Bilder / 6x7cm: 5 Bilder / 6x8cm: 4? Bilder / 6x9cm: 4 Bilder / 6x12cm: 3 Bilder / 6x17cm: 2 Bilder0/1/0: Filmformat 120, volle Länge ("B2-8" ->
6x4,5cm "Semi": 15-16 Bilder / 6x6cm "Six": 12 Bilder / 6x7cm: 10 Bilder / 6x8cm: 9 Bilder / 6x9cm: 8 Bilder / 6x12cm: 6 Bilder / 6x17cm: 4 Bilder / 6x24cm: 3 Bilder1/0/0: Filmformat 220, volle Länge ->
6x4,5cm "Semi": 30-32 Bilder / 6x6cm "Six": 24 Bilder / 6x7cm: 20 Bilder / 6x8cm: 18 Bilder / 6x9cm: 16 Bilder / 6x12cm: 12 Bilder / 6x17cm: 8 Bilder / 6x24cm: 6 Bilder
In den zehn Bits 4 bis 13 sind zumindest die folgenden Informationen kodiert:

Filmempfindlichkeit in 1/3 EV (mindestens die ISO-Stufen 25, 32, 40, 50, 64, 80, 100, 125, 160, 200, 250, 320, 400, 500, 640, 800, 1000, 1250, 1600, vermutlich auch 16, 20 sowie 2000, 2500, 3200, 4000, 5000, 6400, möglicherweise noch weitere) und Filmtyp (mindestens: Negativ/Positiv und Farbe/Schwarzweiß. Ob darüberhinaus noch weitere Informationen kodiert sind und ob es Prüf- oder Fehlerkorrekturbits gibt, ist mir leider nicht bekannt.

Laut verschiedener Patentschriften werden die Bits B4 bis B13 in zwei Gruppen aufgeteilt, einen "white code" bestehend aus den geraden Bits B4/B5/B8/B10/B12 und einen "black code" bestehend aus den ungeraden Bits B5/B7/B9/B11/B13. Beide sollen jeweils Dezimalzahlen zwischen 0 und 9 kodieren (wofür - mit Reserven - eigentlich nur jeweils vier Bits notwendig wären). Die folgende Zuordnung wird für B4/B5/B8/B10/B12 bzw. B5/B7/B9/B11/B13 angegeben:
0/0/0/0/0 -> undefiniert1/0/0/0/1 -> "1"0/1/0/0/1 -> "2"1/1/0/0/0 -> "3"0/0/1/0/1 -> "4"1/0/1/0/0 -> "5"0/1/1/0/0 -> "6"1/1/1/0/1 -> undefiniert0/0/0/1/1 -> "7"1/0/0/1/0 -> "8"0/1/0/1/0 -> "9"1/1/0/1/1 -> undefiniert0/0/1/1/0 -> "0"1/0/1/1/1 -> undefiniert0/1/1/1/1 -> undefiniert1/1/1/1/0 -> undefiniert
Es fällt auf, daß die definierten Werte alle gerade Parität aufweisen, die im fünften Bit kodiert zu sein scheint. Hier die oben ausgelassenen Bitkombinationen mit ungerader Parität:
0/0/0/0/1 -> undefiniert1/0/0/0/0 -> undefiniert0/1/0/0/0 -> undefiniert1/1/0/0/1 -> undefiniert0/0/1/0/0 -> undefiniert1/0/1/0/1 -> undefiniert0/1/1/0/1 -> undefiniert1/1/1/0/0 -> undefiniert0/0/0/1/0 -> undefiniert1/0/0/1/1 -> undefiniert0/1/0/1/1 -> undefiniert1/1/0/1/0 -> undefiniert0/0/1/1/1 -> undefiniert1/0/1/1/0 -> undefiniert0/1/1/1/0 -> undefiniert1/1/1/1/1 -> undefiniert
Die Ziffern des white codes (W) und black codes (B) ergeben zusammen eine Zahlenkombination zwischen "00" und "99", in der die ISO-Filmempfindlichkeit und der Filmtyp kodiert sind.

Aus einer Patentschrift geht hervor:

Ein monochromatischer Film wird bei einem white code von 0, 4 oder 7 angenomen, ein Umkehrfilm (d.h. Dia- oder Positivfilm) bei den white codes 1, 5 und 8, und ein Negativfilm bei den white codes 2, 6, 9. Der white code 3 steht für jeden anderen Filmtyp, der nicht in diese Gruppen paßt. Ob ein Schwarzweiß-Diafilm jetzt als monochromatischer Film, als Positivfilm oder als "anderer Film" angenommen wird, bleibt unklar, ebenso, unter welcher Kategorie ein Infrarotfilm einzusortieren wäre. Für Polaroidfilme kann man wohl einen white code 3 vermuten, das Patent schweigt sich aber darüber aus.

Bezüglich der Filmempfindlichkeit finden sich ebenfalls nur wenige Dekodierungsbeispiele. So handelt es sich bei einem black code 3 dann um einen Film mit ISO 100, wenn der white code entweder 0, 1 oder 2 beträgt. Bei einem white code von 4, 5 oder 6 wird eine Empfindlichkeit von ISO 125 angenommen, für einen white code aus der Menge von 7, 8 oder 9 gilt ISO 160. Was ist mit white code 3?

Ähnlich verhält es sich bei einem black code 5: Die white codes 0, 1 oder 2 stehen dann für ISO 400, die white codes 4, 5, 6 für ISO 500 und die white code 7, 8, 9 für ISO 640. Auch hier: Was ist mit white code 3?

Dieses System dürfte auch für andere black codes übertragbar sein, aber in der Patentschrift finden sich keine weiteren Zuordnungen für black codes abseits von 3 oder 5, dafür aber die folgenden konkreten Beispiele:
W=2, B=3 -> Farb-Negativfilm mit ISO 100W=6, B=3 -> Farb-Negativfilm mit ISO 125W=2, B=5 -> Farb-Negativfilm mit ISO 400W=1, B=5 -> Farb-Umkehrfilm (Diapositiv) mit ISO 400
Zum Schluß ein reales Beispiel (das einzige, das ich im Moment habe):

Fujifilm Fujichrome Velvia 50 Professional (RVP 120) (12 Aufnahmen auf 6x6) von 2005. Auf dem Barcode findet sich die Bitfolge 0/1/0/1/0/0/1/0/0/0/0/1/1, darunter in Klarschrift eine Art Übersetzung "120 CR 50". Also W=1 (1/0/0/0/1) und B=2 (0/1/0/0/1).

Demnach steht für W = 0, 1, 2:
B=0: ISO 12/12° (Annahme)B=1: ISO 25/15° (Annahme)B=2: ISO 50/18° (gesichert)B=3: ISO 100/21° (gesichert)B=4: ISO 200/24° (Annahme)B=5: ISO 400/27° (gesichert)B=6: ISO 800/30° (Annahme)B=7: ISO 1600/33° (Annahme)B=8: ISO 3200/36° (Annahme)B=9: ISO 6400/39° (Annahme)
Für W = 4, 5, 6 gilt:
B=0: ISO 16/13° (Annahme)B=1: ISO 32/16° (Annahme)B=2: ISO 64/19° (Annahme)B=3: ISO 125/22° (gesichert)B=4: ISO 250/25° (Annahme)B=5: ISO 500/28° (gesichert)B=6: ISO 1000/31° (Annahme)B=7: ISO 2000/34° (Annahme)B=8: ISO 4000/37° (Annahme)B=9: ISO 8000/40° (Annahme)
Für W = 7, 8, 9:
B=0: ISO 20/14° (Annahme)B=1: ISO 40/17° (Annahme)B=2: ISO 80/20° (Annahme)B=3: ISO 160/23° (gesichert)B=4: ISO 320/26° (Annahme)B=5: ISO 640/29° (gesichert)B=6: ISO 1250/32° (Annahme)B=7: ISO 2500/35° (Annahme)B=8: ISO 5000/38° (Annahme)B=9: ISO 10000/41° (Annahme)

Deshalb meine Fragen an die Mittelformatexperten:
Welche anderen Filmhersteller haben diesen Barcode übernommen und ab ca. wann?Welche Kameramodelle kennt ihr, die den Barcode auswerten und ggfs. in welchem Umfang?Gibt es weitere kodierte Informationen, etwa für Polaroid- oder Infrarotfilm, für Sonderfilmlängen, für Belichtungsspielräume, Farbabstimmung Tageslicht/Kunstlicht o.ä?Kennt ihr die genaue Zuordnung der Bitmuster zu den Werten für Filmempfindlichkeit und Filmtyp?
Wenn ihr Filme selbstentwickelt, habt ihr ja leichten Zugang zu diesen Codes. Bitte notiert doch einfach ein paar Beispielcodes nebst zugehörigen Filmangaben hier im Thread.

Danke und viele Grüße,

Matthias


"All the important human advances that we know of since historical times began
have been due to individuals of whom the majority faced virulent public opposition."
--Bertrand Russell

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RE: Infos zu Mittelformatrollfilmen mit Barcodekennung

#2 von matthiaspaul , 10.05.2009 11:11

Nachdem bisher nicht so viele geantwortet haben, wiederhole ich meine Fragen besser nochmal: ;-)
ZITAT(matthiaspaul @ 2008-08-24, 12:37) Deshalb meine Fragen an die Mittelformatexperten:
Welche anderen Filmhersteller haben diesen Barcode übernommen und ab ca. wann?Welche Kameramodelle kennt ihr, die den Barcode auswerten und ggfs. in welchem Umfang?[/quote]
Bekannt sind mir bisher nur die folgenden Kameramodelle:

Fujifilm GA645i Professional, GA645Wi Professional, GA645Zi Professional, GX645AF Professional (baugleich mit der Hasselblad H1), GX680III Professional, GX680IIIs Professional, Hasselblad H1, H2, H2F und H3D (nur Modell I) mit Magazin HM 16-32 und die Contax 645 AF.
ZITATGibt es weitere kodierte Informationen, etwa für Polaroid- oder Infrarotfilm, für Sonderfilmlängen, für Belichtungsspielräume, Farbabstimmung Tageslicht/Kunstlicht o.ä?Kennt ihr die genaue Zuordnung der Bitmuster zu den Werten für Filmempfindlichkeit und Filmtyp?
Wenn ihr Filme selbstentwickelt, habt ihr ja leichten Zugang zu diesen Codes. Bitte notiert doch einfach ein paar Beispielcodes nebst zugehörigen Filmangaben hier im Thread.[/quote]
Je mehr unterschiedliche Filme wir als Beispiele zusammentragen, desto besser können wir meine obigen Vermutungen absichern.

Danke und viele Grüße,

Matthias


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