RE: VHS-Portraitkurs ...

#1 von mullar , 25.02.2005 14:14

Meine überwiegend negative Zwischenbilanz zum hiesigen VHS-Kurs: "Menschenfotografie - das individuelle Portrait als Herausforderung" nach 3/7 Veranstaltungen

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VHS Dresden, Kurs J2421: Menschenfotografie - das individuelle Portrait als Herausforderung
7 Veranstaltungen: 6x 2:15 h:mm und 1x Fotosession zu 3:45 h:mm

Kursleitung: Felix Ringo Krull
Kursort: VHS-Außenst., Helbigsdorfer Weg 1
Kursgebühren: 51,00 EUR

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Kursinhalt:
Menschen im Foto zu portraitieren ist wohl eine der größten Herausforderungen in der Fotografie. Kann man denn überhaupt eine Persönlichkeit im Portrait "einfangen"? Muss ein gutes Portrait inszeniert sein? Was ist dran am "Schnappschuss"? Und wie kann man Menschen anderer Kulturkreise portraitieren? Durch Gespräche, Diskussionen und zahlreiche Bildbesprechungen werden Hinweise für den besseren Umgang mit dem Menschen vor der Kamera und für eine bewusste und kreative Gestaltung der Aufnahmen vermittelt. Während einer gemeinsamen Fotosession können die Teilnehmer durch praktisches Erleben neue Erfahrungen sammeln, um dann selbst lebendiger und kreativer zu fotografieren. Mitzubringen: Kamera (hochwertig oder eher einfach), eigene Fotos (Digital oder Analog, Farbe oder Schwarz-Weiß.
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Ich möchte kurz meine persönliche Meinung zum o.g. Kurs wiedergeben, die sich keinesfalls mit der anderer Kursteilnehmer decken muss.

Um es vorwegzunehmen: wenn mich aktuell jemand fragen würde, ob ich diesen Kurs Bekannten oder Freunden weiterempfehlen würde, wäre meine Antwort ein klares NEIN.

Wenn ich mir allerdings nach den ersten 3 Veranstaltungen die Kursbeschreibung resümierend durchlese, passt der Kursinhalt eigentlich doch recht gut, er ist jedoch nicht das, was ich mir davon versprochen hatte.

Im Kurs werden keine "Vordrucke" oder Konzepte ausgegeben. Mitschriften sind durch die Kursteilnehmer selbst anzufertigen (wie man gleich sehen wird ist aber beides bei keinem der Teilnehmer bisher erforderlich gewesen).

Der erste Termin war weitgehend von der Vorstellung des Moderators und der 9/10 Teilnehmer geprägt. Der Kursleiter berichtete über zahlreiche Auslandstätigkeiten und ein Studium in einem dem Kurs entsprechenden Fachbereich.

Es stellte sich heraus, dass das Wissensspektrum der Teilnehmer in Bezug auf Fotografie und eigene Erfahrungen (erwartungsgemäß recht breit gefächert ist und vom absoluten Anfänger (2 Damen, die selbstgeschneiderte Mode im Bild präsentieren wollen und noch niemals fotografiert haben) bis hin zu ambitionierten Hobbyfotografen reicht.
Als gemeinsamer Anspruch aller Kursteilnehmer kristallisierte sich jedoch unabhängig vom Vorbildungsstand recht schnell heraus, dass der Weg zu einem (im Sinne der Mehrheit der potentiellen Betrachter) guten Menschenprotrait beschrieben werden sollte. Die Kursteilnehmer sprachen hierbei Grundlagen-Themen wie Lichtführung, Bildaufbau, Beschnitt, das "wie" tritt man an einen zu Portraitierenden heran usw. an, zu denen sie Informationen erwarten würden.

Während der Kursveranstaltungen besteht die Möglichkeit in der letzten 1/2 - 3/4 Stunde eigene Fotografien vorzustellen und die Meinung anderer bzw. des Kursleiters dazu einzuholen. Die Meinung des Kursleiters beschränkte sich meist auf den Hinweis, dass man durch Abdecken der Bilderränder eine Konzentration auf bestimmte Bildinhalte ausprobieren könne und durch nachträgliches Abdunkeln bzw. Aufhellen (per Software oder in der Dunkelkammer) verschiedene Wirkungen erzielen könne. Welche, wodurch und wie blieb bisher (s)ein Geheimnis.

Die zweite Veranstaltung bestand zum Großteil aus der Vorstellung verschiedener Arbeiten namhafter Künstler (ca. 20 Dias) und das Wecken des Gedanken "warum fotografiere ich" und "will ich mit meinen Fotos dokumentieren oder den zu Portraitierenden in seiner Rolle/Maske und (diese unterstützend) darstellen" bei den Teilnehmern. Die Präsentation der Dias wurde begleitet von Pannen mit dem durch die VHS gestellten Projektor, der dem Kursleiter unbekannt war und in der Bedienung keinen in sich stimmigen Vortrag ermöglichte. Mehrfache Vorwärts-/Rückwärts-Sprünge in der Wiedergabereihenfolge und das 5malige Einlegen der Kassette bis zur korrekten Darstellung des ersten Bildes ließen durchaus 10 Minuten der Zeit vergehen, in denen in der Runde betretenes Schweigen herrschte.

Im Anschluss erfolgte die schon erwähnte Sichtung von Bildern von Kursteilnehmern.

Die dritte Veranstaltung beinhaltete eine Diapräsentation von ca. 40-50 Dias, die wiederum durch wiederholte Vorwärts-/Rückwärts-Sprünge in der Wiedergabereihenfolge gestört wurde und die zum Großteil meiner Meinung nach (für die Allgemeinheit) kontroverse Werke wiederum namhafter Fotografen enthielt. Im Vorab bemerkte der Kursleiter, dass er zu jedem der Bilder sehr viel sagen könne, dass dies aber die Zeit nicht zulassen würde. Ca. 3/4 der Bilder wurden daher durch den Kursleiter unkommentiert vorgeführt - ein jeder konnte in dieser Zeit seinen eigenen Gedanken zu den Bildern nachgehen, Fragen stellen oder in der warmen Dunkelheit des Schulungsraumes langsam einnicken. Die wenigen Kommentare beim Rest der Dias beschränkten sich auf Informationen wie: "Hier sehen Sie ein Bild von XYZ. Das Bild wurde 19XX angefertigt und zeigt XYZ.", "Dieses Bild ist als Einzelstück sicherlich nicht so herausragend, wenn man es jedoch im Kontext des Gesamtwerkes aus mehreren Tausend Bildern dieses Künstlers sieht, ergibt sich ein ganz anderer Eindruck", "Hier erkennt man, wie wichtig eine überlegte Lichtführung ist." <und Schluss>, "Bei Portraits sollte die Schärfe auf den Augen liegen.", "Modefotografie hat sich im Laufe der Zeit von der Betonung der (z.B.) Kleidungsstücke hin zur experimentellen und provokativen Fotografie entwickelt." <und Schluss> oder "Der Fotograf XYZ hat viele Bilder in seinem Kellerraum erstellt, wobei er eine Wand dieses Kellerraums als farbigen Hintergrund verwendete". Die ca. 15 Dias, die nicht in das erste VHS-Diamagazin passten, wurden während der Veranstaltung in einer operativ eingelegten Pause für alle Teilnehmer durch den Kursleiter in das (einzige) erst zu leerende Diamagazin einsortiert.

Erst durch gezielte Fragen einzelner Kursteilnehmer wurden durch den Kursleiter z.B. Vermutungen zu verwendeten Lichtquellen angestellt sowie sehr spärliche Angaben zu den möglichen Gedanken des Fotografen zum gewählten Bildaufbau o.ä. gemacht.

Mein Fazit: der Kurs hat für mich nach 3 von 7 Veranstaltungen nur sehr wenig (verwertbare) Substanz gehabt. Vielleicht bin ich im Geiste ein wenig zu konventionell und zu festgefahren - in diesem Fall hat er bisher jedenfalls schon einmal den Sinn gehabt, mich darüber zum Nachdenken anzuregen, ob z.B. jedes Portrait bewussßt und mit Bedacht arrangiert sein muss oder ob man seine Mitmenschen auch durch eine hohe Anzahl an ungestellten Knips-Bildern mit einer Polaroid im Gesamtzusammenhang der Bilderserie portraitieren kann.

Der Kursleiter macht leider auf mich nicht den Eindruck, dass er in der Lage ist, einen (didaktisch und technisch) gut vorbereiteten und die Teilnehmer fesselnden und bildenden Kurs zu halten.

Meine Erwartungen, etwas über die "Geheimnisse" von anerkannten Portraitfotografen zu erfahren oder Regeln/Empfehlungen/Erfahrungen vermittelt zu bekommen (an denen man sich orientieren, die man einhalten oder aber bewusst brechen kann), wurden bisher in keinster Weise erfüllt.

Aber darüber stand ja auch nichts in der Kursbeschreibung ... wer lesen kann ist klar im Vorteil - leider ...

Erwarte ich zuviel? Fehlt mir der geistige Zugang zu den unkommentierten und meiner Meinung nach zumeist recht unkonventionellen Bildern (zum Großteil keine klassischen Portraits)? Muss ich wirklich alles erfragen (von dem ich nicht einmal weiß, was es ist)?

Ich bin gespannt, was die restlichen 4 Veranstaltungen "bringen" und würde danach gerne meine wirklich persönliche (! Meinung des bisherigen Geschehens ins Positive korrigieren.



 
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RE: VHS-Portraitkurs ...

#2 von ingobohn , 25.02.2005 14:57

Das hört sich eher danach an, als ob ein "oberflächlicher" Beaty-Fotokurs gegeben wird. Ist mir auch schon mal passiert. Angekündigt als Portraitkurs und in Wirklichkeit Fashioon/Beauty... /sad.gif" style="vertical-align:middle" emoid="" border="0" alt="sad.gif" /> Die Grenze zu "echten " Portraitfotos scheint hier sehr schmal zu sein und auch von den Teilnehmern und dem Leiter übertreten zu werden.



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RE: VHS-Portraitkurs ...

#3 von mullar , 25.02.2005 18:49

Ich hatte dem Kursleiter meinen bisherigen Eindruck des Kurses mitgeteilt und sollte diesen nunmehr versprochener-und auch konsequenterweise ergänzen und in Summe relativieren.

Er hat sich entweder meine Kritik sehr zu Herzen genommen oder aber der Kurs war (warum auch immer) bewusst so aufgebaut.

In der 4. Veranstaltung (der dem praktischen (5.) Teil unmittelbar vorangehenden) wurde fast ausschließlich über Licht gesprochen. Endlich erfuhren die Kursteilnehmer die erwarteten praktischen Hinweise zur Wirkung von verschiedenen Rahmenbedingungen.

Diese Veranstaltung war die (meiner Meinung nach) bisher gehaltvollste - aus der sich die Kursmitglieder die meiste "Substanz" entnehmen und für ihr künftigen eigenen Fotos hilfreiche Tipps entnehmen konnten.

Folgende Hinweise konnte ich den Ausführungen entnehmen:

Bei Licht von oben (=> "Oberlicht" kommt es zur Schattenbildung unter den Augen bzw. in den (dann tot wirkenden) Augenhöhlen sowie Nase und Kinn. Es ist besonders auf eine überhelle Nasenspitze und das Hervorheben von Tränensäcken zu achten.

Korrekt eingesetzt (z.B. in Verbindung mit anderen schwächeren Lichtquellen aus anderen Richtungen) erreicht man durch dieses Licht eine göttlich/transzendente Wirkung.

"Oberlicht" entsteht selbst bei integrierten bzw. auf der Kamera montierten Zusatzblitzen, wenn der zu Portraitierende den Kopf leicht senkt, da sich die Lichtquelle nicht mit dem Objektiv in einer Achse befindet.

Größtenteils besteht das Licht von integriertem Blitz bzw. auf der Kamera montiertem Direktblitz aus einem hohen frontalen Anteil (=> "Frontallicht", der ein Gesicht relativ konturenlos und 2-dimensional (da weitgehend schattenfrei) erscheinen lässt.

Durch => "Seitenlicht" erreicht man eine Schattenbildung und kann somit dem Gesicht Profil verleihen. Bei breiten Gesichtern erreicht man durch diese Beleuchtung eine optische Verschmälerung.

Ein Licht von beiden Seiten wird als "Zangenlicht" bezeichnet. Von beiden Seiten bzw. schräg von hinten eingesetzt ist die Verwendung eines etwas schwächern Frontallichts unerlässlich.

Durch das Licht von hinten (=> "Gegenlicht" lassen sich zum einen Haare zum "Leuchten" anregen und andererseits ist es geeignet um ein Profil einer Person in der seitlichen Aufnahme des Kopfes herauszuarbeiten.

Ein Licht schräg von hinten/hinten oben erreicht man bei einem Frontalportrait eine Zeichnung auf der jeweiligen Wange und ebenfalls die leuchtenden Haare. Dieses Licht ist geeignet, um dem Portrait Tiefe zu verleihen.

Durch eine Beleuchtung von unten (=> "Unterlicht" stellt sich beim Betrachter eine theatralische bzw. dämonische Wirkung ein. Diese Beleuchtung wurde gern in der Stummfilmzeit in Filmen des Grusel-Genres eingesetzt.

Um ein Modell vorteilhaft portraitieren zu können, sollte man glänzende/fettige Haut mit einem speziellen (mattierenden) Puder abdecken (lassen), da die starken Lichtquellen unerwünscht glänzende und stark reflektierende Stellen erzeugen werden (im Gegensatz zum viel schwächeren Tageslicht bzw. einer herkömmlichen Raumbeleuchtung).

Ist das Licht zu hart (Lampe ohne Filter o.ä. Vorsätze) lässt sich dies durch den Einsatz von "Diffusoren" oder indirekte Beleuchtung (also über die Reflexion einer Wand oder eines anderen großflächigen Gegenstandes) beseitigen. Das Licht wird weicher und Schatten und Kontraste werden geringer.

Unerwünschte beleuchtete Bereiche, die auf der Gegenseite einer Lichtquelle auf dem Modell (z.B. durch Reflexionen der Wände) entstehen können, werden mit einem "Lichtschlucker" minimiert. Diese Lichtschlucker gibt es zum einen im Fotobedarf, für den Beginn reicht aber durchaus eine mattschwarz lackierte Pappe oder Styroporplatte. Diese ist dann auf der entgegengesetzten Seite der Lichtquelle zu positionieren und "schluckt" das Licht anstatt es zu reflektieren.

Ist das Licht auf der der Lichtquelle abgewendeten Seite zu schwach (Schatten zu dunkel) lässt sich dies durch den Einsatz von "Aufhellern" korrigieren. Diese sind ebenfalls im Fotobedarf erhältlich, aber auch hier bewirken eine Styroporplatte bzw. Spiegel bereits Wunder. Letztere dienen besonders der scharfkantigen und minimalen Aufhellung ausgewählter Bereiche.

Professionelle Sets beinhalten meist "Aufheller" in weiß, gold (für warmes Licht) und silber (für kontrastreiches, kaltes Licht).

Die 5. Veranstaltung war ein Shooting mit einem durch den Kursleiter organisiertem Modell, welches äußerst fotogen war und offenbar einschlägige Erfahrungen sowohl mit dem Kursleiter als auch mit der Fotografie hatte.

Alle Hinweise, Anweisungen und Wünsche der Fotografen und des Kursleiters wurden langsam und punktgenau durch das Modell realisiert.

Der Kursleiter erläuterte äußerst detailliert und ohne größere Pausen eindrucksvoll den Einsatz von verschiedener Kleidung und Posen des Modells im Zusammenspiel mit verschiedenen Hintergründen (schwarz, weiß, grau- strukturiert) und wies auf Tücken und Wirkungen der einzelnen Arrangements hin.

Es fand sich genügend Zeit, dass jeder dem Modell eigene Anweisungen geben konnte (was den Kursteilnehmern erwartungsgemäß schwer fiel) und somit seine Vorstellungen umsetzen konnte.

Der Kursleiter vermittelte durch eigene gezielte Regieanweisungen wie ein solches "Positionieren" des Modells und eine Umsetzung der eigenen "Bilder" konstruktiv, produktiv und freundlich bewerkstelligt werden kann.

Meine Befürchtungen von einem wirren Durcheinandergelaufe von 9-10 fotografierenden Kursteilnehmern mit ihren Stativen und Kameras wurde durch die ruhige und besonnen Atmosphäre des praktischen 5. Teils des Kurses 100%ig verhindert.

Unterm Strich muss ich meine Meinung, die sich nach den ersten 3 Veranstaltungen eher als negativ gestaltete, revidieren.



 
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