RE: Tokina 11-16: Rätsel gelöst?

#1 von Andrew R. ( gelöscht ) , 31.08.2013 13:18

Das Tokina 2,8/11-16 hat einen gemischten Ruf. Neulich habe ich eine Gelegenheit gehabt, ein paar Experimente mit diesem Objektiv durchzuführen. Die Ergebnisse möchte ich hier kurz präsentieren. Die Kurzfassung lautet: Die Serienstreuung ist nicht das Problem.

Das Objektiv wurde mit einer Sony A700 benutzt. Andere Kameras und Anschlüsse können zu einem anderen Ergebnis führen, dazu übrigens ein paar Worte am Ende.

Die wichtigste empirische Feststellung ist: Die A700 sucht die Unendlich-Position dort, wo der Anschlag ist. Außerhalb des Nahbereiches dreht sie den (internen) Fokussierring zuverlässig bis zum Anschlag: Anschlag = Unendlich. Daraus ergibt sich unser Problem. Denn bei 11 mm, wie vielerorts berichtet wurde (und auch bei mir der Fall war), kann auf unendlich nicht fokussiert werden: Man müsste eigentlich weiter drehen, das geht aber nicht.

Die Feinjustierung muß her, wird gefordert. Inzwischen gibt es im Internet eine sehr gute Anleitung, wie man das selber tut:

http://blog.christianschmeer.com/research-...cus-adjustment/

Das habe ich auch gemacht. Das Schöne dabei ist, daß das Objektiv voll funktionsfähig bleibt, so daß man mehrere Positionen ausprobieren kann, was ich getan habe. Das Ergebnis: Es ist zwar möglich, den Anschlag so zu positionieren, daß man bei 11 mm auf unendlich richtig fokussieren kann (und scharfe Bilder bei offener Blende bekommt), ABER: Die anderen Brennweiten werden dadurch beeinflußt. MaW: Der Anschlag kann korrekt nur für eine einzige Brennweite festgesetzt werden.

Daraus ergeben sich zwei Grundeinstellungen.

Grundeinstellung 1:

Der Unendlich-Anschlag wird bei 16 mm positioniert. D.h. wenn die Kamera oder der Fotograf den Fokussierring bei 16 mm bis zum Anschlag dreht, stellt man richtig auf unendlich scharf, was durch ausreichend scharfe Bilder bereits bei offener Blende belohnt wird. Der Preis dafür ist, daß man die Unendlich-Position bei 11 mm (und dazwischen, aber weniger ausgeprägt) gar nicht mehr erreicht. Dies scheint eine werksseitige Justierung zu sein, die von Tokina favorisiert wird. Die Gründe dafür kann ich sogar nachvollziehen. Es ist unmöglich, über Unendlich hinaus zu fokussieren. Bei 11 mm ist die Schärfentiefe besonders groß, so daß das Abblenden bis auf 5,6 hilft, entfernt liegende Objekte scharf abzubilden. Dabei macht man von der sog. hyperfokalen Distanz Gebrauch, welche bei 11 mm und Blende 5,6 lediglich 1,2 m beträgt.

ABER: Ehrlicherweise muß dann das Objektiv anders markiert werden, nämlich: Tokina AF 2,8[5,6]-2,8/11-16.

Das wäre übrigens der erste mir bekannte Fall, wenn die effektive (= nutzbare) Lichtstärke mit der Steigerung der Brennweite ebenfalls steigt.

Grundeinstellung 2:

Man platziert die Unendlich-Position bei 11 mm. Dann kann man auf unendlich bei allen Brennweiten fokussieren. NUR: Die Unendlich-Position außerhalb von 11 mm, wo sie am Anschlag liegt, zu finden, ist eine echte Herausforderung. Denn der AF dreht bis zum Anschlag, an Unendlich vorbei, und es ist so gut wie unmöglich, anhand des Sucherbildes im Grenzbereich manuell zu fokussieren. Für mich habe ich das Problem so gelöst, daß ich experimentell festgestellt hatte, wo Unendlich bei 16 mm liegt, und die korrespondierende Position des Fokussierringes mir einprägte (man kann auch einen Strich setzen). Der Fokussierring ist verhältnismäßig gut gedämpft, so daß die manuelle Scharfstellung unproblematisch ist.

ABER: Auch in diesem Fall muß das Objektiv anders markiert werden: Tokina MF [Macro AF] 2,8/11-16.

Jetzt die versprochene Überraschung. Neben einer A700 besitze ich noch eine alte gute Konica Minolta 5D. Erstaunlicherweise braucht diese Einstiegskamera keinen Anschlag, um auf unendlich zu fokussieren, obwohl ihr AF-Modul allgemein schlechter ist als das von A700. In ca. 3/4 aller Fälle findet die KoMi 5D die Unendlich-Position (welche kurz vor dem Anschlag liegt) korrekt. Warum nicht immer, könnte ich durch klassische Ursachen erklären: Ein schwaches AF-Modul, eine schwierige, weil kurze Brennweite, kontrastarme Motive, schlechte Lichtverhältnisse etc.

Damit komme ich zum Schluß: Bei Tokina 2,8/11-16 in Kombination mit Sony-Kameras besteht ein Inkompatibilitätsproblem, gut bekannt von Sigma-Objektiven. Tokina verwendet bei dem Objektiv das Datenprotokoll, welches wohl noch aus Minolta-Zeiten stammt. Während die KoMi 5D (7D wohl auch) noch ebenfalls dieses Protokoll verwenden, hat Sony etwas geändert, so daß das Objektiv mit Sony-Kameras nicht mehr ordentlich funktionieren kann. Statt die Kompatibilität wieder zu erstellen, versucht der Produzent durch die Grundeinstellung 1 das Problem zu vertuschen.

Die Grundeinstellung 2 vorausgesetzt kann man das Objektiv als ein gutes manuell fokussierbares Objektiv betrachten. Der Preis sollte dann aber entsprechend angepaßt werden, insbesondere weil es hier um ein Objektiv für den kleinen Sensor geht.


Andrew R.

RE: Tokina 11-16: Rätsel gelöst?

#2 von Giovanni , 31.08.2013 13:26

QUOTE (Andrew R. @ 2013-08-31, 12:18) Die wichtigste empirische Feststellung ist: Die A700 sucht die Unendlich-Position dort, wo der Anschlag ist.[/quote]
Das kann wohl eher nicht sein. Praktisch alle AF-Objektive - aller Hersteller übrigens - gehen etwas über Unendlich hinaus. Nur die A-Mount-Kameras fahren beim Einschalten ihre mechanisch angetriebenen Objektive (zumindest die ohne "D"-Encoder, bin gerade für die "D" nicht ganz sicher) kurz an den Anschlag, um eine ungefähre Referenz für den kamerainternen Entfernungs-Encoder zu erhalten. Ein "Luxusfeature", das die Möglichkeiten mit alten Objektiven erweitert, aber die tatsächliche Unendlich-Einstellung wird genau wie jede andere Entfernung mit dem Phasen-AF gemessen und relativ darauf basierend angesteuert, auch wenn sie etwas vor dem Anschlag liegt (was sie auch besser sollte).

Meiner Erfahrung nach sind übrigens die Toleranzen des AF bei einigen Gehäusen (z.B. bei meiner früheren a100) ziemlich groß, so dass gerade bei starken WW-Objektiven - insbesondere wenn diese auch noch lichtschwach sind - eine sehr große Streubreite der als "korrekt" von der Kamera bestätigten Fokusposition besteht. Diese liegen aber wegen der Brennweite und Blende immer noch im "scharfen Bereich". Das fiel mir damals extrem mit dem Sony 11-18 mm auf.


Giovanni  
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RE: Tokina 11-16: Rätsel gelöst?

#3 von Andrew R. ( gelöscht ) , 31.08.2013 13:46

QUOTE (Giovanni @ 2013-08-31, 13:26) QUOTE (Andrew R. @ 2013-08-31, 12:18) Die wichtigste empirische Feststellung ist: Die A700 sucht die Unendlich-Position dort, wo der Anschlag ist.[/quote]
Das kann wohl eher nicht sein. [/quote]

Diese Aussage gilt nur für die Kombination aus Sony A700 und Tokina 11-16. Mit anderen Objektiven, die die Unendlich-Position kurz vor dem Anschlag haben, funktioniert (meine) A700 einwandfrei, z.B.: mit Tamron AF 2,8/17-50 (auch Drittanbieter! oder Minolta AF 4,5-5,6/100-300 APO (ohne D).


Andrew R.

RE: Tokina 11-16: Rätsel gelöst?

#4 von Andrew R. ( gelöscht ) , 31.08.2013 13:55

QUOTE (Giovanni @ 2013-08-31, 13:26) Meiner Erfahrung nach sind übrigens die Toleranzen des AF bei einigen Gehäusen (z.B. bei meiner früheren a100) ziemlich groß, so dass gerade bei starken WW-Objektiven - insbesondere wenn diese auch noch lichtschwach sind - eine sehr große Streubreite der als "korrekt" von der Kamera bestätigten Fokusposition besteht. Diese liegen aber wegen der Brennweite und Blende immer noch im "scharfen Bereich". Das fiel mir damals extrem mit dem Sony 11-18 mm auf.[/quote]

Das stimmt. Der AF-Indikator im Sucher ist im Grenzbereich absolut nutzlos. Was manuelle Scharfstellung eben nicht einfacher macht


Andrew R.

   

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