RE: A900 & Kiron 3.8-5.6/28-210mm

#1 von stevemark , 04.06.2010 19:26

Ein Objektiv, dessen Eigenschaften mich schon lange interessierten, ist heute im absoluten Neuzustand bei mir eingetroffen - das Kiron 3.8-5.6/28-210mm Superzoom. Kiron hat in den Siebzigerjahren u. a. für Vivitar die erste Serie des legendären "Vivitar Series 1" 3.5/70-210mm gebaut, ebenso einige hervorragende lichtstarke Weitwinkel (Vivitar 2/28mm und 2/24mm).

Das Kiron 3.8-5.6/28-210mm ist etwas länger, etwas schwerer (770g) und etwas dünner als das Minolta AF 4-4.5/28-135mm. Mit ebenfalls 16 Linsen ausgestattet, hat es aber eine variable Nahdistanz (2.5m @ 28mm, 1.5m @ 50mm, 1.2m @70-200mm) sowie eine beim Zoomen ebenfalls leicht variable Schärfe-Ebene. Im Klartext heisst das, dass man sich beim Aufbau des Zooms die Kompensator-Gruppe sowie deren komplexe mechanische Führung eingespart hat:

Aufbau klassische Minolta-Zooms (das Minolta 4-4.5/28-235mm ist noch komplexer aufgebaut!:
1) Grundlinse
2) Kompensator (kompensiert die Verlagerung der Schärfe-Ebene beim Zoomen)
3) Variator (verändert Brennweite)
4) Scharfeinstell-Gruppe

Vermuteter Aufbau Kiron 28-210mm:
1) Grundlinse
2) Variator
3) Scharfeinstell-Gruppe

Dadurch kann das Objektiv mechanisch wesentlich einfacher (und stabiler!! aufgebaut werden. Die Haptik ist - wie bei anderen Kirons, die ich habe - absolut top. Alles ausser dem Gummiwaffelring ist aus Metall, Fokussierung und Zoomverstellung laufen satt und ohne jegliches Spiel (! - das ist aber, wie gesagt, auch der fehlenden Kompensation der Fokussierung beim Zoomen zu verdanken. An die A900 angeschlossen wird das M42-Objektiv über einen entsprechenden M42-Adapter mit Mikrochip.

Die Belichtung muss manuell erfolgen, weil die Belichtungsmessung der A900 für eine korrekt funktionierende Belichtungsautomatik auf zusätzliche objektivspezifische Angaben aus dem Mikrochip angewiesen wäre. Folgende Korrekturwerte haben sich an der A900 (bei manueller Einstellung, 50mm Brennweite) bewährt:

f4: +2/3 EV
f5.6: -1/3 EV
f8: -1 EV
f11: -1 2/3 EV
f16: -2 EV

Da ich mein MinAF 28-135mm und weitere MinAF Standardzooms (24-85mm, 28-105mm) momentan auswärts verliehen haben, kann ich nur Anhaltspunkte zur Detailauflösung geben, aber noch keinen "finalen" Vergleich.

Bei 28mm und f4 haben wir in den Ecken eine starke Vignettierung, die aber beim Abblenden verschwindet. Die Detailauflösung ist bis in die Ecken hinein für ein Zoom sehr gut, aber starke Überstrahlungen vermindern den Kontrast. Bereits bei f5.6 ist die Vignettierung deutlich reduziert, und die Überstrahlungen verschwunden - dies eine klare Analogie zum Minolta 28-135mm und zu vielen Minolta-Festbrennweiten, die ich aber sonst bei keinem andern Minolta-Zoom beobachtet habe. Vergleicht man das Kiron mit dem Minolta AF 2.8/28mm (ebenfalls @ f5.6), so hat das Kiron eine ähnlich hohe Detailauflösung, aber einen wesentlich milderen Mikrokontrast. Bei Sonnenlicht verhilft das dem Kiron zu einer besseren Farbwiedergabe (beim Minolta sind die feinen Spitzlichter und die Mikro-Schatten bereits fast ausgefressen/abgesoffen und somit "farblos". Bei trübem Wetter wäre wiederum das Minolta im Vorteil. Abblenden auf f8 oder f11 bringt nochmals eine leichte Besserung in den Ecken, ohne dass allerdings das Niveau des MinAF 2.8/28mm oder des Zeiss 2.8716-35mm (@28mm) ganz erreicht würde. Das Kiron ist bei 28mm/f5.6 in etwa auf dem Level des MinAF 3.5/17-35mm G, eine doch beachtliche Leistung für ein Superzoom!

Bei 50mm und f4.5 habe wir wiederum recht starke Überstrahlungen, die ab f5.6 verschwunden sind. Perfekte Detailauflösung in den äussersten Ecken ist allerdings erst ab f8, besser f11 zu erwarten. Auch das wie beim MinAF 4-4.5/28-135mm ... Wiederum fällt die gegenüber den Minolta-Festbrennweiten (1.7/50mm) bessere Farbwiedergabe quer durch alle Blendenwerte auf: das Kiron wirkt ausgeglichener als das Minolta, das im Sonnenlicht eine zu hohen Detailkontrast bringt.

Bei 100mm und ca. f5 (Offenblende) haben wir im Zentrum eine hohe Detailauflösung. Um in den Ecken aber die Leistung des 70-200G @ f5.6 zu erreichen, muss man das Kiron auf f11 abblenden. Die absolut hervorragenden Werte des MinAF 4-4.5/28-135mm in diesem Brenweitenbereich werden nicht ganz erreicht - es sei aber daran erinnert, dass das verbreitete MinAF 3.5-4.5/70-210mm auch bei Abblenden nicht an die Werte des Kiron herankommt!

Ab 135mm beginnen die Schwierigkeiten. Für eine vertretbare Eckschärfe muss man auf f11 abblenden, und deutliche CAs treten auf. Da sie - im Gegensatz zu den meisten heutigen Objektiven - gelb-blauer Natur sind, stören sie jedoch (noch) nicht wirklich.

Bei 210mm dann ist endgültig Schluss: Die Offenblende ist nur noch "Renommierblende": Die Ecken sind katastrophal (das Zweitschlimmste, das ich bislang gesehen habe - nach dem MinAF/Tamron 2.8-4/17-35mm @ 17mm/2.-) und auch im Zentrum fehlen die Details. Die CA's sind enorm, stärker als bei allen bislang an der A900 ausprobierten Objektiven (und das sind immerhin gegen fünfzig gewesen!. Abblenden auf f11 bringt gute Werte im Zentrum, doch in den Ecken reichts noch immer nicht. Erst bei f22 - und entsprechender Verringerung der Allgemeinschärfe - kommen die Ecken. Wirklich brauchbar ist der Bereich um 200mm nicht.

Zusammenfassend eine sehr überzeugende Leistung im Bereich 28-50mm (gleichauf mit dem 17-35mm G oder sogar leicht besser als das MinAF 28-135mm), aber bereits zwischen 70-100mm nicht mehr ganz auf der Höhe des MinAF 28-135mm (obwohl immer noch besser als beim MinAF 3.5-4.5/70-210mm). Bei 135mm und erst recht bei 200mm ist das Kirom-Superzoom ganz klar überfordert und an der A900 nicht mehr wirklich zu gebrauchen.

Vergleichsbilder mit dem MinAF 28-135mm folgen, sobald ich meins wieder zurückbekommen habe ...

Gr Steve


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RE: A900 & Kiron 3.8-5.6/28-210mm

#2 von Ernst-Dieter aus Apelern , 04.06.2010 19:38

QUOTE (stevemark @ 2010-06-04, 19:26) Das Kiron 3.8-5.6/28-210mm ist etwas länger, etwas schwerer (770g) und etwas dünner als das Minolta AF 4-4.5/28-135mm. Mit ebenfalls 16 Linsen ausgestattet, hat es aber eine variable Nahdistanz (2.5m @ 28mm, 1.5m @ 50mm, 1.2m @70-200mm) sowie eine beim Zoomen ebenfalls leicht variable Schärfe-Ebene. Im Klartext heisst das, dass man sich beim Aufbau des Zooms die Kompensator-Gruppe sowie deren komplexe mechanische Führung eingespart hat:






Gr Steve[/quote]
Ein Kiron war damals sehr gefragt und auch die Marke Osawa, die wohl heute nur noch die Älteren kennen!
Einige interessante Sachen gab es von Denen:
http://mamiya-ze.joerg-mueck.de/content.ph...bcategory=osawa
Optisch recht gut und preiswert.
Ernst-Dieter


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RE: A900 & Kiron 3.8-5.6/28-210mm

#3 von weberhj , 04.06.2010 21:44

Hallo Steve,

ich hatte auch schon einige Kirons (Vivitars mit Seriennr 22xyz, Panagors usw.).
Bleiben durften nur der Klassiker Vivitar Series 1 1:3,5 70-210 und das sehr gute
Kiron 2.8 105 Makro.

Ich denke das Kiron sehr gute Rechnungen hatte, diese auch in sehr guter Präzision fertigen
konnte, aber die Vergütung nicht ganz auf das Niveau etwa des Achromatic Coating gebracht hat.

Bisweilen ist auch der mechanische Aufwand etwas reduziet worden wie etwa beim Kiron 2/24mm
das z.B. ohne floating focussing auskommen musste.

So hat sich auch bei mir immer wieder gezeigt, dass die Objektive hinsichtlich des Kontrasts
und der Farbwiedergabe nicht ganz an die Rokkore der entsprechenden Epoche heran kamen.
Das war bei insbesondere in Diaserien schon auffällig. Da hatte ich aber z.B. mit dem
Tokina 4/80-200 hinsichtlich der Farbwiedergabe auch ähnliche Probleme.

Aber von den Fremdherstellern war Kiron sicher einer der Führenden.

BG Hans


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